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Abb, 48 (Text S, 29)
heiligen „St, Jsidor" (Abb. 59), von welchem je-
doch nur ein Blatt zur Ausführung gelangte.
Jnzroischen hatte des Lebens Wechsel wieder
so manches in des Meisters Heim geändert. Seine
zwei ihm noch gebliebenen Kinder, die mit schwär-
merischer Verehrung an den Eltern hingen, hatten
ihren eigenen Hausstand gegründet, und seine Liebe
zu ihnen bewog ihn, nach nahezu vierzig Jahren
das altgewohnte Quartier am Salzgries mit einem
bequemcreninderJosefstadtzuvertauschen. Blond-
lockige Enkelchen verschönten seinen Lebensabend,
aber noch ward ihm schwere Prüfung: am Feste
seines Namenspatrones 1874 nahm ihm Gott nach
42 jähriger ungetrübter Ehe die treue Lebensge-
fährtin, von der die Worte gelten durften: „Sie
hatte acht auf den Wandel des Hauses und aß
ihr Brot nicht müßig." —
Nur langsam überwand
der Künstler diesen herben
Schlag, so daß die Seinigen
ernste Sorgeum ihn trugen;
„dcnnoch erhielt ihm Gott
die Kraft des Schassens und
gab sie dem Schmerzgebeug-
ten wieder", so daß er, er-
frischt durch einen Sommer-
aufenthalt in Leopoldskron-
moos beiSalzburg,imstande
war, einem Wunsche Ferstels
entsprechend, für die Chor-
fenster der Votivkirche in
Wien Skizzen ans dem Leben
Petri zu entwerfen.
Jn ungetrübter Geistes-
frischekonnte derMeister sein
75. Wiegenfest begehen, das
für ihn ein Tag reicher, wohl-
verdienter Ehrungen wurde.
Ein päpstliches Handschrei-
ben, durch Nuntius Jacobini
überreicht, brachte ihm den
Segenswunsch des Hl. Va-
ters; die Neichshauptstadt
Wien verlieh ihm mit einem
prachtvoll ausgestatteten Di-
plom das Ehrenbürgerrecht,
der Seckauer Kunstverein
(Graz) ernannte ihn zum
Ehrenmitgliede; Adressen
und Zuschriften von Aka-
demien und Körperschaften
des Jn- und Auslandes, so
z. B. aus kleinen Dörfern
des tirolischen Pustertals,
von seinen Schülern zollten
dem Künstler wie dem katho-
lischen Ehrenmann Dank,
Ehre und Anerkennung;
die Künstlergenossenschaft
Wiens veranstaltete in den
Räumen ihres Hauses eine
imponierend wirkende Aus-
stellung von Werken seiner Meisterhand. Nur die
jüdische Presse ignorierte diesen Ehrentag eines
Mannes, der sich in selbstlosem, stillem Schaffen
einen Ehrenplatz in Wien errungen. Der beschei-
dene Meister aber meinte, es sei des ihm gewor-
denen Lobes allzuviel geschehen, und sein ein häus-
liches Stilleben liebender Sinn äußerte sich charak-
teristisch, als er nach dem außergewöhnlichen
Treiben des Tages die gewohnte Pfeise stopfen
konnte, in den Worten: „Nun kommt das Beste".
— Es sollten die letzten irdischen Ehrenbezeugungen
für Führich sein; seine Tage waren, ungeahnt,
gezählt.
Noch einmal genoß er im Familienkreise die
erfrischende Landluft „am Himmel" bei Grinzing.
„Meister Führich, obschon sein dichtes, dunkles
Haupthaar seither schneeweiß geworden, hatte sich
NuS dem „Psalter" ^ Psalm lv4
Abb, 48 (Text S, 29)
heiligen „St, Jsidor" (Abb. 59), von welchem je-
doch nur ein Blatt zur Ausführung gelangte.
Jnzroischen hatte des Lebens Wechsel wieder
so manches in des Meisters Heim geändert. Seine
zwei ihm noch gebliebenen Kinder, die mit schwär-
merischer Verehrung an den Eltern hingen, hatten
ihren eigenen Hausstand gegründet, und seine Liebe
zu ihnen bewog ihn, nach nahezu vierzig Jahren
das altgewohnte Quartier am Salzgries mit einem
bequemcreninderJosefstadtzuvertauschen. Blond-
lockige Enkelchen verschönten seinen Lebensabend,
aber noch ward ihm schwere Prüfung: am Feste
seines Namenspatrones 1874 nahm ihm Gott nach
42 jähriger ungetrübter Ehe die treue Lebensge-
fährtin, von der die Worte gelten durften: „Sie
hatte acht auf den Wandel des Hauses und aß
ihr Brot nicht müßig." —
Nur langsam überwand
der Künstler diesen herben
Schlag, so daß die Seinigen
ernste Sorgeum ihn trugen;
„dcnnoch erhielt ihm Gott
die Kraft des Schassens und
gab sie dem Schmerzgebeug-
ten wieder", so daß er, er-
frischt durch einen Sommer-
aufenthalt in Leopoldskron-
moos beiSalzburg,imstande
war, einem Wunsche Ferstels
entsprechend, für die Chor-
fenster der Votivkirche in
Wien Skizzen ans dem Leben
Petri zu entwerfen.
Jn ungetrübter Geistes-
frischekonnte derMeister sein
75. Wiegenfest begehen, das
für ihn ein Tag reicher, wohl-
verdienter Ehrungen wurde.
Ein päpstliches Handschrei-
ben, durch Nuntius Jacobini
überreicht, brachte ihm den
Segenswunsch des Hl. Va-
ters; die Neichshauptstadt
Wien verlieh ihm mit einem
prachtvoll ausgestatteten Di-
plom das Ehrenbürgerrecht,
der Seckauer Kunstverein
(Graz) ernannte ihn zum
Ehrenmitgliede; Adressen
und Zuschriften von Aka-
demien und Körperschaften
des Jn- und Auslandes, so
z. B. aus kleinen Dörfern
des tirolischen Pustertals,
von seinen Schülern zollten
dem Künstler wie dem katho-
lischen Ehrenmann Dank,
Ehre und Anerkennung;
die Künstlergenossenschaft
Wiens veranstaltete in den
Räumen ihres Hauses eine
imponierend wirkende Aus-
stellung von Werken seiner Meisterhand. Nur die
jüdische Presse ignorierte diesen Ehrentag eines
Mannes, der sich in selbstlosem, stillem Schaffen
einen Ehrenplatz in Wien errungen. Der beschei-
dene Meister aber meinte, es sei des ihm gewor-
denen Lobes allzuviel geschehen, und sein ein häus-
liches Stilleben liebender Sinn äußerte sich charak-
teristisch, als er nach dem außergewöhnlichen
Treiben des Tages die gewohnte Pfeise stopfen
konnte, in den Worten: „Nun kommt das Beste".
— Es sollten die letzten irdischen Ehrenbezeugungen
für Führich sein; seine Tage waren, ungeahnt,
gezählt.
Noch einmal genoß er im Familienkreise die
erfrischende Landluft „am Himmel" bei Grinzing.
„Meister Führich, obschon sein dichtes, dunkles
Haupthaar seither schneeweiß geworden, hatte sich
NuS dem „Psalter" ^ Psalm lv4