36
Abb. 57 iText S. 29i
Ruth und Nosmi. (AuS Führich »Das Buch Ruth")
lich kennen zu lernen. Jns Vaterland zurückge-
kehrt, nahm meine Lektüre vorzngsweise diese Rich-
tung. Ein kurzer Ueberblick der neueren schön-
geistigen Schristen, die damals an der Tagesord-
nung waren, genügte, um jede Störung von dieser,
mir als Künstler freilich naheliegenden Seite zu
vermeiden, und mich ausschließlich jenen erhabenen
Gegenständen zuzuwenden, die für Kunst und
Leben gleich wichtig und entscheidend sind. Mit
dem Willen zu lernen, findet sich auch die Be-
lehrung.
Möhlers Symbolik, indem sie mich mit dem
Geiste der wichtigsten unserer Dogmen bekannt
machte, lehrte mich zugleich die Grundsätze und
Lehren jener Miänner kennen, die uns immer als
Kraftmenschen und Befreier von der alten Fin-
sternis dargestellt werden. Thomas Moore in
seinen Wanderungen zeigte mir neben Aehnlichkeit
auch das Alter und die Einheit des göttlich ge-
gliederten Baues der Kirche. Gügler in seinem
trefflichen Werke: „Die Kunst der Hebräer" mit
seinen vielfältigen Lichtblicken über die Geheim-
nisse des Lebens und der Geschichte gab mir tiefe
Aufschlüsse über das Verhältnis der Vorkirche im
Judentume zur christlichen Kirche und der beiden
Testamente zueinander, und neben den tiefsinnigsten
Aufschlüssen über Liturgie eine Fülle für die Kunst
höchst wichtiger Andeutungen. Ueber die Spuren
der llroffenbarung und llrgeschichte bei allen Völ-
kernundihreallmählicheEntstellungimHeidentume
erhielt ich bei Stollb erg, besonders im Anhange
der ersten Bände der Religionsgeschichte die merk-
würdigsten Winke; so auch bei Windischmann
und in den Schriften des Grafen de Mestre viel
Hiehergehörendes und Ergänzendes z. B. über die
Opfer rc. rc. Außer Schriften dieser Art, wozu
noch Friedr. von Schlegel, Görres und in
neuester Zeit auch Döllingers Kirchengeschichte
n. a. gehören, las ich, was durch llebersetzungen
von Schriften der Väter mir zugänglich rvar.
Das war freilich Weisheit ohne Wein, Weib
und Gesang, und doch so erfrischend, so erhebend.
Jch sah mir das Leben und Wirken unserer Hei-
ligen etwas näher an, als ich bisher getan; wie
sie den schwersten der Kämpfe, den Kampf mit
sich selbst gestritten, und lautlos und verborgen
mit Gott und sich allein ihre stillen Siege ge-
feiert, und nach anßen hin leidend, duldend, liebend
Abb. 57 iText S. 29i
Ruth und Nosmi. (AuS Führich »Das Buch Ruth")
lich kennen zu lernen. Jns Vaterland zurückge-
kehrt, nahm meine Lektüre vorzngsweise diese Rich-
tung. Ein kurzer Ueberblick der neueren schön-
geistigen Schristen, die damals an der Tagesord-
nung waren, genügte, um jede Störung von dieser,
mir als Künstler freilich naheliegenden Seite zu
vermeiden, und mich ausschließlich jenen erhabenen
Gegenständen zuzuwenden, die für Kunst und
Leben gleich wichtig und entscheidend sind. Mit
dem Willen zu lernen, findet sich auch die Be-
lehrung.
Möhlers Symbolik, indem sie mich mit dem
Geiste der wichtigsten unserer Dogmen bekannt
machte, lehrte mich zugleich die Grundsätze und
Lehren jener Miänner kennen, die uns immer als
Kraftmenschen und Befreier von der alten Fin-
sternis dargestellt werden. Thomas Moore in
seinen Wanderungen zeigte mir neben Aehnlichkeit
auch das Alter und die Einheit des göttlich ge-
gliederten Baues der Kirche. Gügler in seinem
trefflichen Werke: „Die Kunst der Hebräer" mit
seinen vielfältigen Lichtblicken über die Geheim-
nisse des Lebens und der Geschichte gab mir tiefe
Aufschlüsse über das Verhältnis der Vorkirche im
Judentume zur christlichen Kirche und der beiden
Testamente zueinander, und neben den tiefsinnigsten
Aufschlüssen über Liturgie eine Fülle für die Kunst
höchst wichtiger Andeutungen. Ueber die Spuren
der llroffenbarung und llrgeschichte bei allen Völ-
kernundihreallmählicheEntstellungimHeidentume
erhielt ich bei Stollb erg, besonders im Anhange
der ersten Bände der Religionsgeschichte die merk-
würdigsten Winke; so auch bei Windischmann
und in den Schriften des Grafen de Mestre viel
Hiehergehörendes und Ergänzendes z. B. über die
Opfer rc. rc. Außer Schriften dieser Art, wozu
noch Friedr. von Schlegel, Görres und in
neuester Zeit auch Döllingers Kirchengeschichte
n. a. gehören, las ich, was durch llebersetzungen
von Schriften der Väter mir zugänglich rvar.
Das war freilich Weisheit ohne Wein, Weib
und Gesang, und doch so erfrischend, so erhebend.
Jch sah mir das Leben und Wirken unserer Hei-
ligen etwas näher an, als ich bisher getan; wie
sie den schwersten der Kämpfe, den Kampf mit
sich selbst gestritten, und lautlos und verborgen
mit Gott und sich allein ihre stillen Siege ge-
feiert, und nach anßen hin leidend, duldend, liebend