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Abb. II Spazicrgang vor dcm Stndttor. Jugcndcrinnerung Phot. F. Bruckmann
er unbeint au den Schwangauer Bildern zeichnete,
die ihm nebenbei bielen Verdruß bereiteten, da ihm
zu Gehör kam, daß selbe mit allerlei, im Sinne des
hohen Auftraggebers geivünschten Änderungen bou
anderen Künsilern iu Fresko ausgeführt iverden soll-
ten, so daß Schwind unmutig nahe daran war, die
Fortsetzung „sahren zu lassen". Über Padua (über-
rascht von Giottos Fresken), Bologna und Florenz (wo
auch Ghirlandaso nachhaltig auf ihn ivirkte), ging es
auf vier Monate nach Rom; gleich in den ersten Tagen
bewunderte er den (für die Müuchener Ludlvigslirche
bestimmteu) Karton des Cvrnelius, tvelcher auch für
Schtvind zum weisenden Mentor durch die Kunst-
schatze wurde. Bei einem abendlichen Spaziergange
durch die Campagna zeigte ihm dieser bou einem
Hügel herab die ewige Stadt. Schwind hat diese Er-
innerung spciter in seinem „Reisebilder-Zpklus" ver-
ewigt: in den Händen des etwas lang- und rothaarigen
Jünglings baumelt ein strohumflochtenes Vino cl'Or-
vieto-Fläschlein, tvährend der ernste Meister, das
Haupt mit der damals üblichen grünledernen Reise-
kappe bedeckt, mit der Linken nach der fern im Hinter-
grunde, im Abendscheine blinkenden Peterskuppel
deutet.
Jn Rom entstanden Schwinds mit Benozzo
Gozzolis uaiber Jnnigkeit verwandte Zeichnungen
bon den „Arbeitern im Weinberg", welche Overbeck
sehr freundlich begrüßte und belobte (angekauft bon
der sinnigen Frl. Emilie Linder, nun im Museum zu
Basel), hier kam auch sein lang gehegter „Ritter Kurt"
zum Durchbruch. Während so viele ehrlich strebende
Gesellen, seit A. R. Mengs und Asmus Carstens bis
in die neueste Zeit, über den mächtigen Kunsteindrücken
aus Rand und Band geraten und sich selbst berlieren,
gelangt Schtvind nach Overbecks uud Cornelius,Vor-
gang erst recht zum klaren Bewußtsein seiner Eigenart
und Fähigkeit; jener dem Coreggio zugeschriebeneAus-
spruch „aneir' io sono pittoro" (auch ich bin einMaler)
bewährte sich an ihm. So heißt es in einem seiner
Briefe: „Morgens Buonarottis Fresken in der Six-
tina betrachtet, nachmittags an Ritter Kurt gezeich-
net". Es klingt absurd, ist aber doch richtig: gerade
bor der riesigen lerribilitä von Michelangelos Welt-
gericht fand Schwind das unabwendbare Gesetz des
Aufbaues einer Handlung, gleichviel ob sich ein
Stoff in der Tragödie oder im Lustspiel abspinnt. Hatte
Schwind früher eine ganze Bilderfolge in verschiede-
nen Blättern nebeneinander gedacht, so wurde ihm
nun die wuchtende Wirkung des llbereiuander klar,
ivelche er später auch in seiner „Symphonie" so frisch
zur Wirkung brachte. Dabei verlor er in Jtalien doch
nichts von seiner echt deutschen Natur, ivurde kein
Nachahmer, zog aber die richtige Nutzanwendung: mit
gleicher Treue, Wahrheit und jenem dem Süden an-
haftenden Schönheitsgefühl seine originellen Schöp-
fungen unbeirrt, in seiner Sprache und Art, zum Aus-
druck zu bringen! Ganz charakteriflisch schreibt er in
seiner jovialen Weise an den befreundeten Bildhauer
Ludivig Schaller: „Wenn ich bedenke, wie höchst ver-
schiedene Arbeiten ich gesehen, deren jede doch einen
vollkommeuen Eindruck macht, so finde ich mich in der
Ansicht ganz bestärkt, daß Jeder thun soll, wie ihm der
Schnabel gewachsen ist. Das ist aber heutzutage sehr
schwer, denn bis mau weiß, daß man einen Schnabel
Abb. II Spazicrgang vor dcm Stndttor. Jugcndcrinnerung Phot. F. Bruckmann
er unbeint au den Schwangauer Bildern zeichnete,
die ihm nebenbei bielen Verdruß bereiteten, da ihm
zu Gehör kam, daß selbe mit allerlei, im Sinne des
hohen Auftraggebers geivünschten Änderungen bou
anderen Künsilern iu Fresko ausgeführt iverden soll-
ten, so daß Schwind unmutig nahe daran war, die
Fortsetzung „sahren zu lassen". Über Padua (über-
rascht von Giottos Fresken), Bologna und Florenz (wo
auch Ghirlandaso nachhaltig auf ihn ivirkte), ging es
auf vier Monate nach Rom; gleich in den ersten Tagen
bewunderte er den (für die Müuchener Ludlvigslirche
bestimmteu) Karton des Cvrnelius, tvelcher auch für
Schtvind zum weisenden Mentor durch die Kunst-
schatze wurde. Bei einem abendlichen Spaziergange
durch die Campagna zeigte ihm dieser bou einem
Hügel herab die ewige Stadt. Schwind hat diese Er-
innerung spciter in seinem „Reisebilder-Zpklus" ver-
ewigt: in den Händen des etwas lang- und rothaarigen
Jünglings baumelt ein strohumflochtenes Vino cl'Or-
vieto-Fläschlein, tvährend der ernste Meister, das
Haupt mit der damals üblichen grünledernen Reise-
kappe bedeckt, mit der Linken nach der fern im Hinter-
grunde, im Abendscheine blinkenden Peterskuppel
deutet.
Jn Rom entstanden Schwinds mit Benozzo
Gozzolis uaiber Jnnigkeit verwandte Zeichnungen
bon den „Arbeitern im Weinberg", welche Overbeck
sehr freundlich begrüßte und belobte (angekauft bon
der sinnigen Frl. Emilie Linder, nun im Museum zu
Basel), hier kam auch sein lang gehegter „Ritter Kurt"
zum Durchbruch. Während so viele ehrlich strebende
Gesellen, seit A. R. Mengs und Asmus Carstens bis
in die neueste Zeit, über den mächtigen Kunsteindrücken
aus Rand und Band geraten und sich selbst berlieren,
gelangt Schtvind nach Overbecks uud Cornelius,Vor-
gang erst recht zum klaren Bewußtsein seiner Eigenart
und Fähigkeit; jener dem Coreggio zugeschriebeneAus-
spruch „aneir' io sono pittoro" (auch ich bin einMaler)
bewährte sich an ihm. So heißt es in einem seiner
Briefe: „Morgens Buonarottis Fresken in der Six-
tina betrachtet, nachmittags an Ritter Kurt gezeich-
net". Es klingt absurd, ist aber doch richtig: gerade
bor der riesigen lerribilitä von Michelangelos Welt-
gericht fand Schwind das unabwendbare Gesetz des
Aufbaues einer Handlung, gleichviel ob sich ein
Stoff in der Tragödie oder im Lustspiel abspinnt. Hatte
Schwind früher eine ganze Bilderfolge in verschiede-
nen Blättern nebeneinander gedacht, so wurde ihm
nun die wuchtende Wirkung des llbereiuander klar,
ivelche er später auch in seiner „Symphonie" so frisch
zur Wirkung brachte. Dabei verlor er in Jtalien doch
nichts von seiner echt deutschen Natur, ivurde kein
Nachahmer, zog aber die richtige Nutzanwendung: mit
gleicher Treue, Wahrheit und jenem dem Süden an-
haftenden Schönheitsgefühl seine originellen Schöp-
fungen unbeirrt, in seiner Sprache und Art, zum Aus-
druck zu bringen! Ganz charakteriflisch schreibt er in
seiner jovialen Weise an den befreundeten Bildhauer
Ludivig Schaller: „Wenn ich bedenke, wie höchst ver-
schiedene Arbeiten ich gesehen, deren jede doch einen
vollkommeuen Eindruck macht, so finde ich mich in der
Ansicht ganz bestärkt, daß Jeder thun soll, wie ihm der
Schnabel gewachsen ist. Das ist aber heutzutage sehr
schwer, denn bis mau weiß, daß man einen Schnabel