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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Moritz von Schwind
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https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0104
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Bestellungen fmglich machle. Ilnentwegt wurde die
Ansflihnmg früherer Profekte begonnen. Jn erster
Reihe der fog. „Hausaltar" oder die „Madonna als
Patronin der Künste" (Abb. 2). Eiinzarter Hauch der
rsinsten Schönheit in Farbe und Zeichnung umfließt
diese in ztvei Gruppen geteilten heiligeu Gestalten, im
Stile der, 8Auta Louv6r832ione" eines alten Beneti-
aner-Meisters wie Cinm da Conegliano oder Bellini.
Oben die anf dem Hintergrunde ciner blühenden Land-
schaft mit dem hiimnli-
scheu Kinde thronende
Jnngfrau. zu deren Fü-
ßen Kaifer Heinrich II.
mit dem Aiodell des
Bamüerger Domes als
Repräsentant der Bau-
kunst, zur Seite seine
Gemahlin Knnigunde
mit einem Reliqnien-
schreine, Plastik und Erz-
guß vertretend, wäh-
rendS.Lucas alsMaler
diese Seite abschließt:
gegenüber S. Cäcilia als
Trägerin der lirchlichen
Musik, ein sie begleiten-
der, kranztragender En-
gel symbolifiert die
Poesie, und ein lang-
bärtiger Kirchenvater
ist Bertreter der christ-
lichen Beredsamkeit;
dann als vermittelnder
Abschluß zlvei singende,
saitenspielkundige Him-
melsboten. Unbegreif-
licherweise stimmte das
Bild nicht völlig zu den
Wünschsn der Bestel-
lerin; Schwind be-
hielt dasselbe üereit-
willig und erhob es zu
seinem „Hausaltar",
nnter welchem seine zu
München geborenen
Mädchen getauft wnr-
den. Kurz vor des Mei-
stersAbleben erwarb die
Tafel Prosessor Karl
Adolf von Cornelius,
welcher das Werk so
eifersüchtig hütete, daß es erst 1904 auf der großen
Schwind-Ausstellung in die Offentlichkeit trat Z. Für
das Kollegiatstift von St. Kajetan (Theatinerkirche)
wurde Schwind mit sechs „Fastenbildern" inFahnen-
form betraut (1851), da sie nur wenige Wochen in Ge-
brauch kamen, lagen sie die größte Zeit des Jahres wenig
sorgsam aufgerollt: vor denr gänzlichen Untergang
rettete selbe die vietätvolle Hand des Konservators Zl.
Ha user ; abgenommen und eingerahmt beivähren sie
Schwinds Autorschaft durch schöne Zeichnung nnd
blühende Färdung, ohne dem Charakter der umgeben-

den Architektur angepaßt zu sein. Seincm Freunde
Fnhrich gegenüber klagte Schtvind, daß ihm das„aske-
tische Feuer" schle und setzte dann beii „Einen gegabel-
ten Bart kann jeder machen, aber nm einen Christns zn
malen, müßte man ein anderer Mensch sein." Er be-
tätigte sich sväter noch in ganzer Eigenart auf diesenr
Gebiete. Der vielsach neubearbeitete „Vater Rhein"
— ein Gegenstück dazu ergab die gleichartige Tarstel-
lung der „Donau" —, auch der neu vorgenoinmene

„Wunderliche Heilige"
erhielt 1849 im Kunst-
verein nicht, ebenso-
wenig wie die Legende
des unter Beihilfe des
Gottseibeiuns kirchen-
bauenden „St. Wols-
gang" (Abb. 18), die ge-
btihrlicheWürdigungchis
GrafSchack selbe schließ-
lich seiner an Schwind-
Bildern so reichen Ga-
lerie einverleibte.

Eine wülkommene
Gelegenheit, seinen gu-
ten Humvr und heitere
Laune abzuladen, boten
die von Schtvinds altem
Frennde Kaipar Braun
und Fr. Schneider be-
gründeten, alsbald die
ganze Welt, so weit die
deutsche Zunge klingt,
durchslatternden und
erobernden „Fliegendeu
Blätter" nebst den eben-
bürtigen „Münchener-
Bilderbogen". Fürdiese
zeichnete Schwind eine
Anzahl der schnurrigsten
Einfälle und die schön-
sten Erfindungen, in
Summa 116 Holz-
s ch nittbild er, w elche1880
von denr genannten
Berlag aus 32 Folio-
blättern gesammelt und
als „Schwind-Album"
herausgegeben wurden.
Darin der vorgenannte
christbaumbringende,
eisbahnsrottierende,
sonst nicht überall willkommene, äls Schneemann kaum
ballsaalfähige „Herr Winter" (Abb. 4), welcher zuletzt,
mißhandeli und hinansgestäubt, doch im Dachstübchen
des armen Poeten dem holden Sprößling die ersten
Schneeglöckchen in die Wiege legt (Bilderbogen Nr.5).
Als Nachklang der srüheren Waldidyllen: „Ter Einsie-
del" (Nr. 19) (Abb. 8 u. 9), mit den prachtvollen, eines
Dürer würdigen Baumriesen, mit dem knorrigen Ast ,
Rinden- und Wurzelwerk, den Bloosfelsen und Farren-
kräutern. Tie lehrreicheHistorie „Bon dem Bauer und
dessen Esel" mit der nützlichen Lehre, daß man's nie

Abb. 19 (Tcxt S. 19) Originalphot. F. Hanfstaengl

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