Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

DOI Heft:
Moritz von Schwind
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0124
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36

nanzen nnt einem jubelnden Finale abrunden. Dem
ethischen Grundprinzip, daß alles Dulden nnd Leideit
den verdienten Lohn empfange, dem Hochgesang der
durch die schwerste Prüfung wie Gold erprobten Treue
gegenüber. ist hier der Bruch des heiligsten Mannes-
wortes und der Satz ausgesprochen, daß jeder Fehl
die unvermeidliche Strafe iin Gefolge habe und nur
der Tod eine Sühne gewähre. Jn der einleitenden Er-
zählung des Findens, in der echt dramatisch gesteiger-
ten Schürzung und in dem überwältigenden Schluß ist
eine fortschreitende Kraft und ein Feuer der Leiden-
schaft, welches jeden Beschauer mitreißt und daher auch

jene, die Sieben Raben übersteigende Wirkung auf
das Publikum erklärt.

Das Werk beginnt mit dem träumerischen Sinnen
einer schönen Wasserjungfrau, welche ein Ritter in
einem Steine (Brunnen) findet. Trotz den warnen-
den Stimmen ihrer Schwestern folgt selbe der Wer-
bung, erscheint mit ihren Jugendgespielen, welchen
man die jubelnde Freude ansieht, einmal auf Rossen
zu reiten, vor dem ün Tal aufgeschlagenen Zelt, worin
sie zum unverhehlten Staunen der gräflichen Ver-
wandten und Dienerschaft am Altare getraut wird.
Am ersten Morgen nimmt sie ihrem Gatten den Schwur
ab, unter Androhung ewiger Tren-
nung, ihr je einen Tag im Monat
freizugeben, ohne über ihren Ver-
bleib zu fragen noch zu forschen,
wenn sie in dein geheimnisvoll er-
bauten Quellenhause, in den „Ron-
tos NeluZinao", im angeborenen
Elemente zu neuer Kraft sich ergötze
und jünge. Das reichste, mit sieben
lieblichen Kindern gesegnete Ehe-
glück waltete. (Hinter den auch im
landschaftlichen Reize des Friedens
thronenden Ehegatten hat der Maler
mit seiner Frau sich abgebildet.)
(Abb. 51). Aber das züngelnd um-
schleichende, sogar die nächste Um-
gebung mit den Verwandten und
Kindern erreichende Geflüster und
Gerede bemächtigt sich umstrickend
mit Argwohn des unglücklichen Man-
nes; er läßt sich verleiten, in die
geheimnisvolle Halle zu dringen,
wo im fröhlichsten heimischen Wel-
lenspiele die Holde mit ihren Was-
serjungfern die Freude des Wellen-
bades genießt. Allgemeine Flucht
und empörter Jammer ist die Folge
davon, Einsturz des Hauses und
jähes Ende des ehelichen Glücks. Nur
in einsamer Nacht schwebt eine trau-
ernde Gestalt um die Wiege des
Kleinsten. Da greift er sehnsuchtge-
peinigt und reuigst zum Pilgerstabe,
den Nixenborn und die Berlorene zu
suchen. Das gelingt. Aber nach
Elbenrecht küßt sie ihm die Seele
aus dem Leibe und ruht in voller
Weltvergessenheit in ihrem Brunnen,
wie vorher in ewiger Jugend.

Die zutrauliche Naivität, die
Reinheit der im Bade jubelnden
und im graziösesten Spiele sich wie-
genden Wellenmädchen, das anmu-
tende Hereinziehen der landschaft-
lichen Natur, die reichblüheude
Vegetation der Farrenblätter, Dol-
den und Wasserpflanzen — wozu er
gar keine Studien zeichnete, sondern
nur bei seinen weiten Spaziergän-
gen an den Seegeländen oder in

Abb. 43 lText S. 7) Originalphot. F. Hansstaengl

Auf dsr Wanderschaft
 
Annotationen