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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Berühmte Kathedralen der nachmittelalterlichen Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0141
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Abb. 10

Die St. Paulskathedrale zu London (Text s. unten)

reich gestaltetes stolzes Werk, dessen Entwurf dem
ausgezeichneten Architekten Dr. Joseph Cuypers
zu danken ist.

Auch England erlebte lange Zeiten, in denen
wenig von der Errichtung neuer großer Kirchen
die Rede war. Freilich gibt es einen recht beach-
tenswerten Bau, in dem sich noch die älteren
gotischen Formen mit den neuen der Renaissance
begegnen, das ist der Dom von Winchester. Gewiß
der schönste Teil daran ist die seit 1528 entstandene
Grabkapelle der Bischöfe Fox und Gardiner. —
Viel später erst begann in der Hauptstadt Eng-
lands der Bau eines neuen Domes. Mitten aus
dem Gewirr der ungeheuren Stadt, umwirbelt von
niemals ruhendem Rauch aus tausenden von
Essen und Schloten steigt das Wahrzeichen Lon-
dons, die ungeheure St. Pauls-Kathedrale empor.
Riesig zeichnet sich ihre Kuppel, kräftig heben sich
ihre beidenTürme vomHimmel ab (Abb. 10). Ein
Bildgrauin grau, denn von der weißenFarbe des
Steines ist in dieser russigen Luft schon längst
keine Spur mehr zu sehen. Man sagt wohl auch,
die Londoner St. Paulskirche habe ein besonderes
Recht auf ihre düstere Farbe, denn sie vsrdankt

ihr Dasein eigentlich den Steinkohlen. Darum
nämlich, weil zur Aufbringung der Baukosten von
jeder Tonne Kohlen, die man im Londoner Hafen
ablud, ein Zoll erhoben wurde. Das geschah in
der letzten Zeit des 17. Jahrhunderts, bald nach-
dem 1666 eine furchtbare Feuersbrunst die Stadt
zum großen Teil vernichtet hatte. Der Baumeister
aber hieß Christopher Wren. Jn der Gruft der
Kirche ist er neben Wellington, Nelson und an-
deren berühmten Engländern beigesetzt und seine
Grabschrift lautet: „Suchst du sein Denkmal, so
schaue um dich." Wren verdient solche Aus-
zeichnung, denn in England ist in neueren
Zeiten kaum ein gleichwertiges Baudenkmal ent-
standen. Freilich, wenn man den Kunstgelehrten
fragt, so hat dieser mancherlei triftige Gründe,
nicht alles sonderlich gelungen und auch nicht
durchaus selbständig zu fiuden. Wir gedenken der
Londoner St. Paulskathedrale hier auch eigentlich
nur der Vollständigkeit halber. Der katholischen
Kirche gehört sie nicht, sondern der anglikanischen.
— Wohl aber erfreuen sich die englischen Katho-
liken ganz neuerdings des Besitzes eines eigenen
Domes in London, der von I. F. Bentley er-
 
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