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Abb. 14 Die Kathedrale Wassili Blashenni zu Moskau (Text S. l2)
fragte ihn: „Wärest
Duimstande, noch eine
zweite solche Kirche
zu bauen?" Das be-
jahte der Arglose.
Jwan aber rief: „Bei
Gott, das sollst Du
nicht!" — und auf sei-
nen Befehl ward der
Unglückliche alsbald
enthauptet.
Welch furchtbare Art
seine Bewunderung
auszudrücken! Welche
Verwilderung der fitt-
lichen Anschauungen!
Noch heute gedenkt
das russische Volk mit
Grausen jenes Tyran-
nen. Er war ein eben-
bürtiger Genosse aller
Zerstörer und Wür-
ger, die vom Osten
her die abendländische
Welt mit Verwirrung
erfüllt haben. Ungarn
und die benachbarten
deutschen Bezirke wis-
sen davon zu melden,
und in Siebenbürgen
sind aus den Zeiten,
da die Mongolen und
Türken hausten, noch
viele Kirchen in Dorf
und Stadt erhalten,
die als Festungen er-
baut sind, gleich ge-
eignet, denGlauben zu
schützen wie Gut und Leben der Einwohner. Kein
Wunder, daß die wilden Horden durch ihre Hab-
gier sich in jene blühenden Bezirke locken ließen.
Hatten doch weltliche und geistliche Herrscher
gewetteifert, blühende Kultur, Gesittung und
Reichtum zu schaffen. Auf ehrwürdige Vergangen-
heit zurück blickt das Erzbistum Gran. Jm Nord-
westen von Ungarn ward es durch den hl. Stephan
begründet, der daselbst im Jahre 1111 sich zum
König krönen ließ. Der Erzbischof von Gran ist
Fürstprimas von Ungarn, und das Recht der
Königskrönung besitzt er noch heute. Schwere
Zeiten gingen über das Land und die Stadt hin.
Die Tartaren zerstörten sie. Zweimal und für
sehr lange Zeit waren die Türken Herren daselbst
und schalteten übel mit allem, was den Christen-
menschen teuer und heilig war. So haben sie auch
die alte Kathedrale von Gran (Abb. 15) aufs
ärgste geschädigt, derart, daß im 19. Jahrhundert
ein Neubau unbedingt nötig wurde. 1820 wurde
er begonnen, den Plan hatte der Baumeister
Khünel entworfen und sich dabei die Kirche
St. Peter zuRom als Vorbild erwählt. Eindrucks-
voll ist die Vorhalle mit ihren korinthischenSäulen,
beherrschend schaut die Kuppel über die Stadt hin.
Jm Jnnern wetteifert ungarische Bildnerei und
münchnerische Malerei um den Preis der edlen
Ausschmückung. Das wichtigste aller Bilder aber
ist nicht aus neuer Zeit. Es ist das aus der alten
Kirche übernommene, an Größe und Kunstwert
wie an Verehrung gleich ruhmvolle Hochaltar-
gemälde, die Hirnmelfahrt Mariä, von Gregoletti.
Das Bild und die sogenannte Bakacs-Kapelle
wären die einzigen Zeugen der ehemaligen Herr-
lichkeit, wenn es nicht glücklicherweise gelungen wäre,
den wunderbarenDomschatz vor der Gier der Tür-
ken zu retten. Ungarn ist doch gewiß reich an derlei
Kirchenschätzen, aber kein anderer Dom dort zu
Lande als der von Gran besitzt eine ähnliche Fülle
der wundervollsten kunstgewerblichen Erzeugnisse
aus alterZeit seit der des hl.Stephan. Da sind Re-
liquienbehälter, köstliche Gefäße, Gewänder, Bü-
cher, da ist das von Edelsteinen funkelnde Kreuz,
auf welches die ungarischen Könige bei ihrer Krö-
nung den Eid leisteten. Da sehen wir einen hoch-
berühmten Kalvarienberg, den der italienische
Meister Pollajuolo 1469 fertigte. Auch ist dort
das sogenannte apostolische Kreuz, gleichfalls aus
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Abb. 14 Die Kathedrale Wassili Blashenni zu Moskau (Text S. l2)
fragte ihn: „Wärest
Duimstande, noch eine
zweite solche Kirche
zu bauen?" Das be-
jahte der Arglose.
Jwan aber rief: „Bei
Gott, das sollst Du
nicht!" — und auf sei-
nen Befehl ward der
Unglückliche alsbald
enthauptet.
Welch furchtbare Art
seine Bewunderung
auszudrücken! Welche
Verwilderung der fitt-
lichen Anschauungen!
Noch heute gedenkt
das russische Volk mit
Grausen jenes Tyran-
nen. Er war ein eben-
bürtiger Genosse aller
Zerstörer und Wür-
ger, die vom Osten
her die abendländische
Welt mit Verwirrung
erfüllt haben. Ungarn
und die benachbarten
deutschen Bezirke wis-
sen davon zu melden,
und in Siebenbürgen
sind aus den Zeiten,
da die Mongolen und
Türken hausten, noch
viele Kirchen in Dorf
und Stadt erhalten,
die als Festungen er-
baut sind, gleich ge-
eignet, denGlauben zu
schützen wie Gut und Leben der Einwohner. Kein
Wunder, daß die wilden Horden durch ihre Hab-
gier sich in jene blühenden Bezirke locken ließen.
Hatten doch weltliche und geistliche Herrscher
gewetteifert, blühende Kultur, Gesittung und
Reichtum zu schaffen. Auf ehrwürdige Vergangen-
heit zurück blickt das Erzbistum Gran. Jm Nord-
westen von Ungarn ward es durch den hl. Stephan
begründet, der daselbst im Jahre 1111 sich zum
König krönen ließ. Der Erzbischof von Gran ist
Fürstprimas von Ungarn, und das Recht der
Königskrönung besitzt er noch heute. Schwere
Zeiten gingen über das Land und die Stadt hin.
Die Tartaren zerstörten sie. Zweimal und für
sehr lange Zeit waren die Türken Herren daselbst
und schalteten übel mit allem, was den Christen-
menschen teuer und heilig war. So haben sie auch
die alte Kathedrale von Gran (Abb. 15) aufs
ärgste geschädigt, derart, daß im 19. Jahrhundert
ein Neubau unbedingt nötig wurde. 1820 wurde
er begonnen, den Plan hatte der Baumeister
Khünel entworfen und sich dabei die Kirche
St. Peter zuRom als Vorbild erwählt. Eindrucks-
voll ist die Vorhalle mit ihren korinthischenSäulen,
beherrschend schaut die Kuppel über die Stadt hin.
Jm Jnnern wetteifert ungarische Bildnerei und
münchnerische Malerei um den Preis der edlen
Ausschmückung. Das wichtigste aller Bilder aber
ist nicht aus neuer Zeit. Es ist das aus der alten
Kirche übernommene, an Größe und Kunstwert
wie an Verehrung gleich ruhmvolle Hochaltar-
gemälde, die Hirnmelfahrt Mariä, von Gregoletti.
Das Bild und die sogenannte Bakacs-Kapelle
wären die einzigen Zeugen der ehemaligen Herr-
lichkeit, wenn es nicht glücklicherweise gelungen wäre,
den wunderbarenDomschatz vor der Gier der Tür-
ken zu retten. Ungarn ist doch gewiß reich an derlei
Kirchenschätzen, aber kein anderer Dom dort zu
Lande als der von Gran besitzt eine ähnliche Fülle
der wundervollsten kunstgewerblichen Erzeugnisse
aus alterZeit seit der des hl.Stephan. Da sind Re-
liquienbehälter, köstliche Gefäße, Gewänder, Bü-
cher, da ist das von Edelsteinen funkelnde Kreuz,
auf welches die ungarischen Könige bei ihrer Krö-
nung den Eid leisteten. Da sehen wir einen hoch-
berühmten Kalvarienberg, den der italienische
Meister Pollajuolo 1469 fertigte. Auch ist dort
das sogenannte apostolische Kreuz, gleichfalls aus