34
Abb. 37
Jnneres des Domes zu Freising (Text S. 2S)
Phot. Reso. Freising
Adriatischen Meeres liegt Rimini. Seine Kathe-
drale (Abb. 42) ist einem Heiligen geweiht, dessen
edle herrliche Erscheinung auf Erden unend-
lichen Segen gewirkt hat, dem hl. Franziskus.
Rimini ist die Stadt, der die berühmte Familie
der Malatesta im Mittelalter zu Glanz verhalf.
Die Kathedrale könnte als hervorragendes Bau-
denkmal dastehen, wenn sie nicht leider un-
vollendet geblieben wäre. Die Eingangsfront zeigt
sich alsNachempfindung römischer Triumphbögen,
das Jnnere läßt beabsichtigten höchsten Glanz
ahnen. — Weit höheren Ruhm aber genießt ein
Ort, der nicht fern von Rimini gelegen ist. Jn
aller Welt kennt man den Namen von Loreto,
weiß man von seiner Kathedrale, der Kirche der
Santa Casa (Abb. 43). Denn unter ihrer Kuppel
steht jenes Haus, das einst in Nazareth die Woh-
nung der hl. Jungfrau gewesen sein soll. Es er-
zählt aber also die fromme Legende: Als man
den 10. Mai im Jahre 1291 schrieb, geschah es,
daß in dem kroatischen Orte Tersato eine kleine
Kirche gefunden ward, die zuvor nicht dagewesen
war. Der Pfarrer des Ortes aber empfing eine
Offenbarung, jenes Gebäude sei auf wunderbare
Art durch Engel von Nazareth hierher getragen
worden. Und als man nachforschte, ergab sichs,
daß das gleiche Haus wirklich von dort verschwun-
den war. Ob dieses Wunders wurde Tersato
mit einem Male hochberühmt, und zahllose Wall-
fahrer kamen dorthin. Solches Ding dauerte drei
Jahre und sieben Monate. Als aber die Leute
am 10. Dezember 1294 wiederum zu dem Heilig-
tum kamen, da gab es wohl Schrecken und Trauer,
denn das Haus der hl. Jungfrau war verschwun-
den, und erst später fand sich, daß es wiederum
fortgetragen und nach Loreto gebracht worden
war. Da ist es dann geblieben bis auf den heu-
tigen Tag. Die Kroaten aber haben an der ge-
weihten Stelle in Tersato eine Kirche erbaut, die
gleichfalls ein berühmter Gnadenort war und ist.
Die schöne Legende ist nicht so alt, wie man glau-
ben möchte; sie ist erst in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts aufgetaucht. Auch ist festgestellt,
daß ihr geschichtlicher Kern darin besteht, daß es
in Tersato ein altes Gnadenbild der Mutter Got-
tes gab, und dieses von dort nach Loreto gestiftet
worden ist. Was kann aber dergleichen Er-
klärung, mag sie gleich zugunsten der Wahrheit
notwendig sein, an der ungeheuren Bedeutung
ändern, die die Kirche des Heiligen Hauses für
das Glaubens- und Gemütsleben ungezählter
Scharen seit Jahrhunderten gehabt hat? Was
Abb. 37
Jnneres des Domes zu Freising (Text S. 2S)
Phot. Reso. Freising
Adriatischen Meeres liegt Rimini. Seine Kathe-
drale (Abb. 42) ist einem Heiligen geweiht, dessen
edle herrliche Erscheinung auf Erden unend-
lichen Segen gewirkt hat, dem hl. Franziskus.
Rimini ist die Stadt, der die berühmte Familie
der Malatesta im Mittelalter zu Glanz verhalf.
Die Kathedrale könnte als hervorragendes Bau-
denkmal dastehen, wenn sie nicht leider un-
vollendet geblieben wäre. Die Eingangsfront zeigt
sich alsNachempfindung römischer Triumphbögen,
das Jnnere läßt beabsichtigten höchsten Glanz
ahnen. — Weit höheren Ruhm aber genießt ein
Ort, der nicht fern von Rimini gelegen ist. Jn
aller Welt kennt man den Namen von Loreto,
weiß man von seiner Kathedrale, der Kirche der
Santa Casa (Abb. 43). Denn unter ihrer Kuppel
steht jenes Haus, das einst in Nazareth die Woh-
nung der hl. Jungfrau gewesen sein soll. Es er-
zählt aber also die fromme Legende: Als man
den 10. Mai im Jahre 1291 schrieb, geschah es,
daß in dem kroatischen Orte Tersato eine kleine
Kirche gefunden ward, die zuvor nicht dagewesen
war. Der Pfarrer des Ortes aber empfing eine
Offenbarung, jenes Gebäude sei auf wunderbare
Art durch Engel von Nazareth hierher getragen
worden. Und als man nachforschte, ergab sichs,
daß das gleiche Haus wirklich von dort verschwun-
den war. Ob dieses Wunders wurde Tersato
mit einem Male hochberühmt, und zahllose Wall-
fahrer kamen dorthin. Solches Ding dauerte drei
Jahre und sieben Monate. Als aber die Leute
am 10. Dezember 1294 wiederum zu dem Heilig-
tum kamen, da gab es wohl Schrecken und Trauer,
denn das Haus der hl. Jungfrau war verschwun-
den, und erst später fand sich, daß es wiederum
fortgetragen und nach Loreto gebracht worden
war. Da ist es dann geblieben bis auf den heu-
tigen Tag. Die Kroaten aber haben an der ge-
weihten Stelle in Tersato eine Kirche erbaut, die
gleichfalls ein berühmter Gnadenort war und ist.
Die schöne Legende ist nicht so alt, wie man glau-
ben möchte; sie ist erst in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts aufgetaucht. Auch ist festgestellt,
daß ihr geschichtlicher Kern darin besteht, daß es
in Tersato ein altes Gnadenbild der Mutter Got-
tes gab, und dieses von dort nach Loreto gestiftet
worden ist. Was kann aber dergleichen Er-
klärung, mag sie gleich zugunsten der Wahrheit
notwendig sein, an der ungeheuren Bedeutung
ändern, die die Kirche des Heiligen Hauses für
das Glaubens- und Gemütsleben ungezählter
Scharen seit Jahrhunderten gehabt hat? Was