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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Berühmte Kathedralen der nachmittelalterlichen Zeit
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schmälert sie die Tatsache, daß
diese Kirche eine köstliche Stätte
der Kunst geworden ist? Stau-
nenswert reich war sie einst durch
fromme Spenden. Die Schätze
wurden 1798 durch die Franzosen
geraubt. Aber was sie nicht da-
vontrugen, das sind die wunder-
vollen Bildwerke und Malereien,
mit denen ein Sansovino, ein
Signorelli, Bramante, Melozzo
da Forli und andere Künstler der
alten Zeit die Gnadenstätte ver-
herrlichthaben. Jn unserenTagen
zeugt die deutsche Kapelle mit
ihren Freskogemälden von der
Kunst Rudolfs von Seitz.

Schon hör' ich ungeduldig
sragen: „Kommen wir noch nicht
bald nach Rom?" Nur gemach,
ihr wißt, alle Wege führen dort-
hin. Erst schauen wir nach Süd-
italien, denn auch dies hat in
neuerer Zeit mit dem Bau präch-
tiger Domkirchen nicht zurück-
gestanden. Die Kathedrale von
Syrakus (Abb. 44) kann man als
ein Denkmal der sieghaften Kraft
des Christentums ansehen. Jst sie
doch in einen heidnischen Tempel
eingebaut, der der Göttin Diana
im 6. Jahrhundert vor Christi
Geburt an dieser Stelle errichtet
wurde. Er hat seine Schönheit
zum Schmucke des christlichen
Gotteshauses hergeben müssen,
denn noch heute sind zahlreiche
von den Säulen des alten griechi-
schen Tempels in dieser Kirche
erhalten. Die Front freilich ver-
rät nichts davon, sondern ist ein
reines Barockwerk von wuchtiger
Gestalt, aber ohne rechte Entwick-
lung in die Breite. — Viel klarer

Der Jnvalidendom zu Paris (Text S. S0)

(Abb. 46). Der Dom von Messina liegt in Trüm-
merngleich derStadt und mahnt an die wahreExi-
stenz der ewigen Gottesmacht, die den Menschen
erhebtundihnstürzt, wieesihreWeisheitbeschlossen
hat. — Von ihrer vernichtenden Strenge wie von
ihrer Huld melden die oft so schwer heimgesuchten,
die mit köstlichem Segen überschütteten Gefilde
Süditaliens längs der Küste des Mittelmeeres.
Wie köstlich ist Amalfis vielgerühmtes Bild. Zu
herrlicher Harmonie vereinigt sich mit der
Berglandschaft des Hintergrundes die St. An-
dreaskathedrale, ausdrucksvoll ist die große
Treppe, die zu der dreischiffigen Vorhalle empor-
steigt, prächtige Linie bringt der benachbarte
Glockenturm in das wunderbare Gemälde. Der

und schöner durchgeführt ist der Abb. ss
Bau der Kathedrale von Catania
(Abb. 45), einer streng gedachten
Basilika mit Kuppel und Glockenturm. Wenn doch
daserfreulicheBild nur nicht durch den wunderlich
wirkendenBrunnen mitten auf demDomplatze ver-
unziert würde, auf dem oben ein Elefant steht. —
Und nun nach den Trümmern von Messina. Wie
schön war der Dom daselbst. Noch die Normannen
hatten ihn gebaut, roter und weißer Marmor
schmückteimWechseldieFront, ein edelgezeichnetes
und reiches Mittelportal führte ins Jnnere. Das
alles gehörte dem Mittelalter an, aber der Giebel
oben zeigte, daß dieRenaissance dasBauwerk wei-
terentwickelthatte. Ganz besonders aber erwies sich
der Einfluß drinnen, wo in den Seitenschiffen die
Apostelaltäre in ihrer prächtigen einheitlichen
Durchführung ein Bild voller Harmonie abgaben

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