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Die Kunst dem Volke <München> — 1913 (Nr. 13-16)

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Ein Besuch im Vatikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.21070#0017
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13

Abb. 18 (Text S. 14,

Arbeilszimmer Pius X.

als ein gründlicher Kunstkenner, dem wir^ nui
wachsendem Jnteresse zuhörten, als er uns me
zu je vier Gruppen zusammengestellten "Ouder
aus dem Alten Testament an der Decke der
rafsaelitischen Loggien erklärte. Wie oft sind mese
wunderbaren Kompositionen in kunstgeschichttichen
Werken behandelt, von zahllosen Besuchern be-
wundert worden, diese Erschaffung der Wett uno
die Scheidung von Nacht und Tag, diese Gva
die der Schöpser dem Adam als sein Kind zugterch
und als seine Gattin vorführt! .

Aber wenn der Pralat uns nur in emen
Überblick über alle diese köstlichen Schöpfnngen
Raffaels bieten wollte, so hielt der Professor ihn
auf jedem Schritte fest, und hatte er anfangs rn
bescherdener Zurückhaltung
nur die eine oder andere Be-
merkung wie einen Lichtfunken
in die kurzen Andeutungen
nnseres Führers geworfen,
so überließ der Prälat bald
und gerne ihm allein das
Wort und horchte mit uns
der begeisterten Erklärung.

Gott Vater, der mit ausge-
streckten Armen Licht und
Finsternis scheidet (Abb. 12),
die Erschaffung der Eva und
ihre Verführung durch die
Schlange, die einen Frauen-
kopf hat, der Bau der Arche
und die Sintflut, Abraham,
der die drei Engel bewirtet,

Lots Weib, das bei der Flucht
aus Sodoma in eine Salz-
säule verwandelt wird, Ja-
kobs Vision der Himmels-
leiter und seine Heimkehr nach
Kanaan, Josephs Traum- Mv 19 (Tcn S. in

deutung vor seinen Brüdern
(Abb. 13) : das sind aus den sieben
ersten Feldern das Schönste in all
dem Schönen, das hier nun durch die
reizvollste Dekoration in unerschöpf-
licher Mannigfaltigkeit, in über-
sprudelnder Fülle der Formen aus
allen Gebieten der Natur und des
Lebens verbunden ist (Abb. 11).
Mit welcher Anmut hat Raffael
diese Eva, wie sie aus des Schöpfers
Hand hervorging, wie sie die Hand
nach der verbotenen Frucht aus-
streckt, bekleidet! Was ist das für
ein verzweifeltesRingen vonMensch
und Tier mit dem Tode, der alles
Lebende in den Wassern der Sint-
flut begräbt! Welcher Reiz liegt in
der Szene der Begegnung Jakobs
mit Nachel! Und diese reiche Kom-
Phot. Fclici position der Rückkehr Jakobs! —
Die Szenen aus dem Leben des
Moses beginnen mit der Rettung
des Kindes, das die Mutter im Schilf des Nil
ausgesetzt hat, ein Bild, von dem ein Land-
schaftsmaler sich gar nicht trennen mag; die Er-
scheinung des Herrn im brennenden Dornbusch,
der Durchzug der Juden durch das Rote Meer,
die Anbetung des goldenen Kalbes, und, die
Krone von allem: Moses, der die Gesetzestafeln
dem Volke bringt (Abb. 14).

Jndem wir in dieser Bilderbibel, wie sie
reicher und reizender nie eines Malers Genie
ersonnen und in Farben ausgeführt hat, leider
nur allzuflüchtig weiter blättern, hält uns doch
mit freundlichem Zwang bald dieses, bald jenes
Bild für einige Augenblicke feft, die Erstürmung
von Jericho (Abb. 15), David und Goliath, das

Pius X. iri scincm Arbcitszimmcr

Phot. Fclici
 
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