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Die Kunst dem Volke <München> — 1913 (Nr. 13-16)

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Ein Besuch im Vatikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.21070#0021
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Abb. 23 (Text untcnt

Raffael, Constantin schenkt Rom dem Papst Silvester

Phot. Andcrson

sprach der Professor, „wie der hl. Stephanus
knieend vom Apostelfürsten Kelch und Patene,
die Symbole des Diakonatsdienstes am Altare
empfängt (Abb. 21); wie er vor dem lauschenden
Volke seine Beweisgründe für die Gottheit Christi
an den Fingern aufzählt, wie die Frauen im
Vordergrunde am Boden sitzend, hinter ihnen
die stehenden Männer der Predigt lauschen,
alle gesesselt durch die überzeugungsfreudige
Kraft, die aus jedem Worte des hl. Erzdiakons
redet. Und nun schauen Sie dort unten — ich
kann ja nur auf das eine oder andere Bild, auf
die schönsten Perlen in diesem Diadem fromm-
innigster Kunst hinweisen — schauen Sie den
hl. Laurentius, wie er im Gewande des Diakons
den Armen zu seiner Rechten die Almosen aus-
zahlt; sehen Sie ihn dort vor dem Richterstuhle
des Kaisers, der drohend auf die Marterwerkzeuge
am Boden hinweist, die den Bekenner Christi
nicht erschrecken. — Merkwürdig, wie dem from-
men Maler die Kraft versagt, wenn er Leiden-
schaft, Haß und Bosheit darstellen soll! Seine in
reinster Frömmigkeit abgeklärte Kunst vermochte
einen Heiligen in der Verzückung himmlischer
Wonne, vermochte die Legenden gottvereinter Ein-
siedler und Klosterbrüder zu malen, aber seine

kindlich reine Hand fand keine Kreide und keine
Farbe für Teufel und teuflische Verworfenheit.

„Und nun," fuhr der Professor fort, „solgen
Sie mir aus der Nacht der Verfolgung und der
Katakomben in den hellen Sonnensaal des Sie-
ges und des Triumphes der Kirche!" —

Jnder8utu6iOon8tuntino (Abb.22) hatRasfael
für die Gemälde wohl kaum mehr als allgemeine
Andeutungen hinterlassen; sie sind also wesentlich
das Werk seiner Schüler, aber der Schüler eines
solchen Meisters. So gehen wir auf kunstge-
schichtlichem Wege von Frü Angelico an Raffael
vorbei zu Giulio Romano und seinen Kunst-
genossen, aus der Zeit eines Nicolaus V. in die
des Papstes Clemens VII. (1523).

Die ganze große Wcmdfläche den Fenstern
gegenüber nimmt die Schlacht m: der milvischen
Brücke vor den Toren Roms im Jahre 312 ein
(Abb.2); auf der Wand zu unserer Linken er-
scheint dem Constantin und seinem Heere das
Himmelszeichen, das ihm den Sieg verheißt; die
weiteren Bilder zeigen die Taufe Constantins
durch den hl. Silvester, und die constantinische
Schenkung an den Papst (Abb. 23).

Das Bild der Schlacht, von Giulio Romano
gemalt, führt uns vor die unmittelbare Entschei-
 
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