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Abb. 41 (Terl S. 39)
Nafsacl, Dcr wunderbarc Fischfang
Phot. Andcrson
erst 25 Jahre zählende gottbegnadete Künstler es
geschaffen, so staunen wir ebenso über die Tiefe
der Gedanken, wie über die Formen, die er ihnen
gegeben, und die Farbenfülle, in die er sie ge-
kleidet hat. Jst es nicht, als ob das alles nur so
spielend, ohne mühsames Ringen ausgeführt
wäre, leicht und licht, wie die Landschaft unten im
Hintergrunde! — Und alle diese herrlichen Kom-
positionen sind wiederum in eine Einsassung
gekleidet, die an ornamentaler Mannigfaltigkeit,
wie an genialer Anordnung und sorgfältiger
Ausführung jedes Stück ein eigenes Kunstwerk
von höchster Anmut sind. (Abb. 56.) — Der
Kustode rasselte mit den Schlüsseln: es war
drei Uhr geworden.
„Lassen Sie uns," rief der Professor aus,
„wenigstens noch auf einige Minuten in den Saal
des Heliodor zurückkehren; denn unter all den
Edelsteinen liegt doch dort der leuchtende Dia-
mant. Raffael malte diesen Saal zwei Jahre nach
dem der Ls^nutrrru; in Komposition, Zeichnung
und Kolorit wie in der Tiefe und Fülle der Ge-
danken ist uns dort doch das Herrlichste geboten,
was die Renaissance nebst ihrer gesamten Nach-
kommenschaft je geschaffen hat."
„Man braucht ja nur die nichtssagende Archi-
tektur in der Schule von Athen mit dem wunder-
bar lichten Tempelinnern der Heliodorszene zu
vergleicheu!" rief der Architekt aus. —
Bei diesem zweiten, wenn auch leider nur kur-
zen Besuche und zumal, wo wir aus der Ltuir^u
ctöttu 86§uutrrru kamen, ging uns eine Fülle des
Schönen auf, das wir vorhin nicht so ganz erfaßt
hatten, und es war für mich dieser Morgen einer
der genußreichsten meines Lebens. Für den fol-
genden Tag wurde ein Gang durch den päpst-
lichen Garten und die Besichtigung der Teppiche
verabredet, für die nächsteWoche derBesuch, lieber
das Studium der Gupmtts, Llstiiru. —
Den Gegenstand der Unterhaltung nach dem
Abendessen bildeten natürlich die Erlebnisse des
heutigen Tages. Wir hatten am Nachmittage den
Pincio mit seinen herrlichen Anlagen und dem
entzückendeu Ausblick auf Sankt Peter und den
Vatikan besucht; aber wie der Weihrauchduft auch
nach dem Gottesdienste noch lange Zeit im Heilig-
tume bleibt. so drängte sich auch bei uns in all die
Naturschönheit die Erinnerung an die Stunden
im Vatikan. So wurden denn jetzt, wo wir
gemütlich beieinander saßen, alle die reichen Ein-
drücke neu aufgefrischt, zumal der Prälat uns die
Ehre erwiesen hatte, unserer Einladung zur Tafel
zu entsprechen. Da durchwanderten wir im Geiste
wieder die Kapelle Nicolaus V. mit den kindlich
Abb. 41 (Terl S. 39)
Nafsacl, Dcr wunderbarc Fischfang
Phot. Andcrson
erst 25 Jahre zählende gottbegnadete Künstler es
geschaffen, so staunen wir ebenso über die Tiefe
der Gedanken, wie über die Formen, die er ihnen
gegeben, und die Farbenfülle, in die er sie ge-
kleidet hat. Jst es nicht, als ob das alles nur so
spielend, ohne mühsames Ringen ausgeführt
wäre, leicht und licht, wie die Landschaft unten im
Hintergrunde! — Und alle diese herrlichen Kom-
positionen sind wiederum in eine Einsassung
gekleidet, die an ornamentaler Mannigfaltigkeit,
wie an genialer Anordnung und sorgfältiger
Ausführung jedes Stück ein eigenes Kunstwerk
von höchster Anmut sind. (Abb. 56.) — Der
Kustode rasselte mit den Schlüsseln: es war
drei Uhr geworden.
„Lassen Sie uns," rief der Professor aus,
„wenigstens noch auf einige Minuten in den Saal
des Heliodor zurückkehren; denn unter all den
Edelsteinen liegt doch dort der leuchtende Dia-
mant. Raffael malte diesen Saal zwei Jahre nach
dem der Ls^nutrrru; in Komposition, Zeichnung
und Kolorit wie in der Tiefe und Fülle der Ge-
danken ist uns dort doch das Herrlichste geboten,
was die Renaissance nebst ihrer gesamten Nach-
kommenschaft je geschaffen hat."
„Man braucht ja nur die nichtssagende Archi-
tektur in der Schule von Athen mit dem wunder-
bar lichten Tempelinnern der Heliodorszene zu
vergleicheu!" rief der Architekt aus. —
Bei diesem zweiten, wenn auch leider nur kur-
zen Besuche und zumal, wo wir aus der Ltuir^u
ctöttu 86§uutrrru kamen, ging uns eine Fülle des
Schönen auf, das wir vorhin nicht so ganz erfaßt
hatten, und es war für mich dieser Morgen einer
der genußreichsten meines Lebens. Für den fol-
genden Tag wurde ein Gang durch den päpst-
lichen Garten und die Besichtigung der Teppiche
verabredet, für die nächsteWoche derBesuch, lieber
das Studium der Gupmtts, Llstiiru. —
Den Gegenstand der Unterhaltung nach dem
Abendessen bildeten natürlich die Erlebnisse des
heutigen Tages. Wir hatten am Nachmittage den
Pincio mit seinen herrlichen Anlagen und dem
entzückendeu Ausblick auf Sankt Peter und den
Vatikan besucht; aber wie der Weihrauchduft auch
nach dem Gottesdienste noch lange Zeit im Heilig-
tume bleibt. so drängte sich auch bei uns in all die
Naturschönheit die Erinnerung an die Stunden
im Vatikan. So wurden denn jetzt, wo wir
gemütlich beieinander saßen, alle die reichen Ein-
drücke neu aufgefrischt, zumal der Prälat uns die
Ehre erwiesen hatte, unserer Einladung zur Tafel
zu entsprechen. Da durchwanderten wir im Geiste
wieder die Kapelle Nicolaus V. mit den kindlich