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Abb. 27 Luca della Robbia, Wappen dcr Ärztezunst,
Or San Michclc, Florenz (Text S. 2V>
übernahm. Doch war er so mit andern Arbeiten
überhäust, daß er zu der Ausführung nicht kom-
men konnte, und als er gar in Jahre 1443 nach
Padua übersiedelte, berief der Kirchenvorstand
Donatello's Mitarbeiter, den Bildhauer Miche-
lozzo, zunächst zur Anfertigung eines Modells und
übertrug 1446 die Aussührung ihm zusammen mit
Luca della Robbia und dem Gießer Maso di
Bartolommeo. 1448 war die Vorderseite im
Rohguß fertig, dann trat eine lange Pause ein,
erst 1461 wurde das Werk wieder aufgenommen.
1465 wurde dem Luca, der damals schon betagt
war, der Abschluß des Werkes allein anvertraut,
und damit kam er bis 1467 zustande, nun wieder in
Gemeinschaft mit Michelozzo. Und da er ein lan-
ges Leben hatte, sah er auch noch den Tag, wo
ihm 1476 die letzte Zahlung für seine Arbeit ge-
leistet wurde. So zog sich die Entstehungszeit
dieses Werkes über zwanzig Jahre hin, und es
ist schwierig zu sagen, welche von den Neliefs frü-
her oder später entstanden sind, und ebenso, wel-
chen Anteil die einzelnen Mitarbeiter daran ge-
habt haben. Vasari behauptet, daß der bildne-
rische Teil Luca's alleiniges Werk sei, und die
stilistischen Merkmale scheinen dieser Angabe recht-
zugeben. Auch hier lag die Sache wohl so, daß
die ganze Zeit hindurch nach einem von vorn-
herein festgestellten Plan und Entwurf gearbeitet
wurde. Möglicherweise sind die beiden obersten
Reliefs — mit der Madonna (Abb. 18) und
Johannes dem Täufer (Abb. 19) — zuerst ent-
standen, während die darunter folgenden mit den
vier Evangelisten die jüngsten sein könnten; da-
mit würden die vier unteren mit den lateini-
schen Kirchenvätern zwischen jenen eine zeitliche
Mittelstellung erlangen. Die Szenen sämtlicher
Reliefs zeichnen sich durch ruhige feine Kompo-
sition aus, ganz vorzüglich sind die Gruppen
im Raum untergebracht, bei aller Ergiebigkeit
der Phantasie herrscht Ruhe und Einheitlichkeit,
bei aller Strenge der Auffassung sind die Vor-
gänge im ganzen und einzelnen voll Natur-
wahrheit. Eine Fülle schöner Linien und An-
ordnungen, leise von der Antike beeinflußt, wie
das Mittelalter sie verstand, zeigen die Falten-
würfe, ungemein schön und ausdrucksvoll sind
die Köpse. So bieten diese Türflügel um so
höheren Genuß, je eingehender man sich mit
ihnen beschäftigt. Auf Michelozzo's Anteil hat
man sicher das architektonische Gerüst der Tür-
flügel zu setzen, dessen Zeichnung ziemlich kühl
und nüchtern ist. Jhm dürften auch die porträt-
artigen kleinen Köpfe zuzuschreiben sein, welche
nach einem schon von Ghiberti benutzten Motive
das Türgerüst beleben. Maso di Bartolommeo
aber ift lediglich als Gießer in Betracht gekom-
men. Jm höchsten Grade bewunderungswürdig
ist bei den Reliefs die Sicherheit, mit welcher
Luca den Stilbedürfnissen des Bronzegusses ge-
recht zu werden verstand; er war in dieser Be-
ziehung ebenso genial, wie er sich als Marmor-
bildner bei der Sängertribüne bewiesen hatte.
Auch noch gegen das Ende der Zeit, wo Luca
mit den Bronzetüren zu tun hatte, fand sich eine
Gelegenheit für ihn, zu zeigen, daß er noch immer
ein Herrscher auf dem Gebiete der Marmorbild-
nerei war. 1450 starb der Bischof von Fiesole,
Benozzo Federi ghi. Jn der Kirche San Pan-
crazio bestimmte man ihm sechs Jahre später ein
Prachtgrab, und dieses auszuführen wurde Luca
Abb.28 Luca della Nobbia (?), Wappen der Seidenweber.
Or San Michele, Florenz (Text S. 21)
Abb. 27 Luca della Robbia, Wappen dcr Ärztezunst,
Or San Michclc, Florenz (Text S. 2V>
übernahm. Doch war er so mit andern Arbeiten
überhäust, daß er zu der Ausführung nicht kom-
men konnte, und als er gar in Jahre 1443 nach
Padua übersiedelte, berief der Kirchenvorstand
Donatello's Mitarbeiter, den Bildhauer Miche-
lozzo, zunächst zur Anfertigung eines Modells und
übertrug 1446 die Aussührung ihm zusammen mit
Luca della Robbia und dem Gießer Maso di
Bartolommeo. 1448 war die Vorderseite im
Rohguß fertig, dann trat eine lange Pause ein,
erst 1461 wurde das Werk wieder aufgenommen.
1465 wurde dem Luca, der damals schon betagt
war, der Abschluß des Werkes allein anvertraut,
und damit kam er bis 1467 zustande, nun wieder in
Gemeinschaft mit Michelozzo. Und da er ein lan-
ges Leben hatte, sah er auch noch den Tag, wo
ihm 1476 die letzte Zahlung für seine Arbeit ge-
leistet wurde. So zog sich die Entstehungszeit
dieses Werkes über zwanzig Jahre hin, und es
ist schwierig zu sagen, welche von den Neliefs frü-
her oder später entstanden sind, und ebenso, wel-
chen Anteil die einzelnen Mitarbeiter daran ge-
habt haben. Vasari behauptet, daß der bildne-
rische Teil Luca's alleiniges Werk sei, und die
stilistischen Merkmale scheinen dieser Angabe recht-
zugeben. Auch hier lag die Sache wohl so, daß
die ganze Zeit hindurch nach einem von vorn-
herein festgestellten Plan und Entwurf gearbeitet
wurde. Möglicherweise sind die beiden obersten
Reliefs — mit der Madonna (Abb. 18) und
Johannes dem Täufer (Abb. 19) — zuerst ent-
standen, während die darunter folgenden mit den
vier Evangelisten die jüngsten sein könnten; da-
mit würden die vier unteren mit den lateini-
schen Kirchenvätern zwischen jenen eine zeitliche
Mittelstellung erlangen. Die Szenen sämtlicher
Reliefs zeichnen sich durch ruhige feine Kompo-
sition aus, ganz vorzüglich sind die Gruppen
im Raum untergebracht, bei aller Ergiebigkeit
der Phantasie herrscht Ruhe und Einheitlichkeit,
bei aller Strenge der Auffassung sind die Vor-
gänge im ganzen und einzelnen voll Natur-
wahrheit. Eine Fülle schöner Linien und An-
ordnungen, leise von der Antike beeinflußt, wie
das Mittelalter sie verstand, zeigen die Falten-
würfe, ungemein schön und ausdrucksvoll sind
die Köpse. So bieten diese Türflügel um so
höheren Genuß, je eingehender man sich mit
ihnen beschäftigt. Auf Michelozzo's Anteil hat
man sicher das architektonische Gerüst der Tür-
flügel zu setzen, dessen Zeichnung ziemlich kühl
und nüchtern ist. Jhm dürften auch die porträt-
artigen kleinen Köpfe zuzuschreiben sein, welche
nach einem schon von Ghiberti benutzten Motive
das Türgerüst beleben. Maso di Bartolommeo
aber ift lediglich als Gießer in Betracht gekom-
men. Jm höchsten Grade bewunderungswürdig
ist bei den Reliefs die Sicherheit, mit welcher
Luca den Stilbedürfnissen des Bronzegusses ge-
recht zu werden verstand; er war in dieser Be-
ziehung ebenso genial, wie er sich als Marmor-
bildner bei der Sängertribüne bewiesen hatte.
Auch noch gegen das Ende der Zeit, wo Luca
mit den Bronzetüren zu tun hatte, fand sich eine
Gelegenheit für ihn, zu zeigen, daß er noch immer
ein Herrscher auf dem Gebiete der Marmorbild-
nerei war. 1450 starb der Bischof von Fiesole,
Benozzo Federi ghi. Jn der Kirche San Pan-
crazio bestimmte man ihm sechs Jahre später ein
Prachtgrab, und dieses auszuführen wurde Luca
Abb.28 Luca della Nobbia (?), Wappen der Seidenweber.
Or San Michele, Florenz (Text S. 21)