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Die Kunst dem Volke <München> — 1913 (Nr. 13-16)

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Die Altschwäbische Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21070#0096
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8

ttlm.

itten iin Herzen
des Landes ge-

legen,wardiese
Stadt seit ge-
raumer Zeit
durch die be-
triebsameTüch-
tigkeit ihrer
Bürger, beson-
ders der Kaufherrn, zur bedeu-
tendsten und wohlhabendsten in
Schwaben emporgeblüht, hatte ihre
politische Unabhängigkeit zu er-
kaufen und zu erkämpfen gewußt
und ging endlich — gleich als
ahnte man, von welch kurzer
Dauer die Blüte sein werde —
daran, in dem Münster ein Wahr-
zeichen und ein Denkmal dieser
Tage für alle Zeiten aufzurichten.

1377 ward der Grundstein ge-
legt, und brachte auch erst eine
viel, viel spätere Zeit die Voll-
endung, sie erfolgte doch im Geiste
der ersten Bauherrn, so daß das
Werk heute im wesentlichen vor
uns steht, so wie es seine ersten
Meister, die Parler, Ensinger, Böb-
linger erdacht. Ein unvergeßlicher
Eindruck, den man empsängt, sieht
man zum erstenmal etwa von der
Donauseite her den Koloß des
Münsters mit der duftig-schlanken
Riesenspitze des Turmes sich gen
Himmel recken! Oder man wan-
delt im Abenddämmerschein durch
eins der spießbürgerlichen Winkel-
gäßchen und sieht aus einmal über
sich aus schwindelndeu Höhen das
noch in Sonnengold gebadete Rie-
senhaupt des Turmes hereinschauen,
feierlich und traumhaft schön, wie
ein Ewigkeitsgedanke über dem
Alltag (Abb. 1).

Dieses wundersame Bauwerk ist
der Mittelpunkt des schwäbischen
Kunstlebens geworden. Seine Aus-
gestaltung nach außen und innen
erforderte eine Menge von Baumei-
stern und Bildnern, Meister Syrlin
schafft das einzigarlige Prachtwerk
des weltberühmten Chorgestühls
und auch die Malerei siedelt sich im
Schatten des Münsters an, derge-
stalt, daß die nächste Epoche schwä-
bischer geradezu gleichbedeutend ist
mit ulmischer Malerei.

Merkwürdigerweise haben wir indes das erste
bedeutende Werk eines Ulmer Malers nicht in Ulm
selbst oder in Schwaben zu suchen, sondern jenseits

Phot. Höslc

Barthol. Zcitblom, Geburt Christi sTcxt S. 111
boi» Hccrbcrger Altar, Stuttgart, Muscum

des Alpenkammes in dem reizend altertümlichen
Tiroler Städtchen Sterzing am Brenner.
Dort pflegten auf ihren Fahrten nach Venedig
die Ulmer Kaufleute mit ihren Wagen und Saum-
 
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