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Abb. 24 Petcr Paul Rubcns, Krönung Mariä Phot. Hansstaengl
Kaiser-Friedrich-Museum zu Bcrlin (Text S. 21t
niedergelassen. Auf ihrem Schoße, das Köpflein
an der Mutter Brust ruhend, ist das Christkindlein
sest eingeschlummert. Andächtig beschauen den
kleinen Schläfer die Heiligen Agnes, Katharina
und Georg. Über Klein-Jesus schwirren zwei
geflügelte Putten und betrachten den Schlummern-
den. Ein reizvolles Jdyll spielt sich ganz in
der Nähe ab. Der Johannesknabe und zwei
weitere kleine Gefährten vergnügen sich mit einem
Lämmlein. Es scheint nach Kinderart ziemlich
laut dabei hergegangen zu sein. Nun hat ein
Kleiner gemerkt, daß das Jesulein schläft. Wie
erschreckt fährt er mit dem Zeigefinger der linken
Hand an den Mund, weist mit der Rechten nach
dem Schlummernden und blickt besorgt die lärmen-
den Spielkameraden an: „Pst! Stille! er schläft.
Wecken wir ihn nicht!" Etwas entfernt sitzt
Sankt Joseph auf einem Steinblock und pflegt
der Ruhe. — Wahrlich großen Reichtum an Mo-
tiven, wohltuend frische Lebendigkeit gibt es in
den zahlreichen Darstellungen der heiligen Fa-
milie, die einem Rubens gelangen, zu bewundern.
Greifen wir nun einige von den
vielen wohlgelungenen Bildern des
flämischen Malers heraus, welche die
Mutter Gottes in Verbindung mit der
Geschichte der Kindheit Jesu bringen.
— Die „Anbetung des neugeborenen
Jesuskindes durch die vom Felde auf
Engelsruf hin herbeigeeilten Hirten"
verherrlichte Rubens in drei bedeut-
sameren Bildern, in der Alten Pina-
kothek zu München (Abb. 19), im Mu-
seum zu Marseille und in der Aka-
demie zu Wien. Jedesmal liegt im
Stalle, in einer Krippe, auf Stroh ge-
bettet, das göttliche Kind, von Maria
und Joseph ehrfürchtig umgeben, Ochs
undEselfehlennicht. Hirtenvolk-Män-
ner und Frauen — ist demütig genaht.
Jn dem Münchener Gemälde schweben
besonders zahlreiche und kräftige, ju-
belnde Engelscharen hernieder; sie hal-
ten ein Schriftband mit dem Lob-
spruch: „Cloria iu iüxooiZio Doo st in
tsrra xax." „Ehre sei Gott in der
Höhe und Friede auf Erden." —
Außerordentlich glanzvoll mußte dem
prachtliebenden Rubens die Schilde-
rung der Anbetung der Könige aus
dem Morgenlande gelingen. Hier war
Gelegenheit, in den prunkenden Ge-
wandungen der Könige und ihres rei-
chen Gefolges der Darstellung ein fest-
liches Gepräge zu geben. Die Fauna,
welche mitgeführt wird, Kamele und
Pferde, schillernde Rüstungen, leuch-
tende Körper der Knechte, welche die
Geschenke schleppen, und jubilierende
Putten, Mohren dunkelster Hautfarbe,
oft mit hellen Kopftüchernbedeckt,reiche
Goldverbrämung, Übersluß an Farbe
und Licht — alle diese Faktoren ergaben Pro-
dukte, so kräftig wie möglich der Eigenart des
sinnesfrohen Rubens entsprechend. Fast läuft
unser Jnteresse an der Huldigung des vordersten
Königs vor dem neugeborenen Gotteskinde, das
von Maria gehalten, von Joseph beschirmt wird,
Gefahr, von diesem mannigfachen und glänzenden
Beiwerk erdrückt zu werden. Daher springt auch
bei des Rubens Behandlung dieses Themas die
Gestalt der heiligen Mutter weniger in die Augen.
Das gilt für die Werke im Pradomuseum zu
Madrid, im Museum zu Lyon und in jenem zu
Antwerpen, während auf der Tasel im Louvre
zuParis (Abb.21) das eigentlichereligiöse Thema
der Darstellung, eben der Huldigungsakt, und
entsprechend auch die Person der Gottesmutter
ganz entschieden zu ihrem Rechte kommen. —
Haben wir in diesem Bilde schon etwas von der
Helldunkelwirkung eines Correggio, so noch mehr
in der „Flucht nach Ägypten" der Galerie zu
Kassel (Abb. 22). Ein geflügelter Genius, ein
kräftiger Jüngling führt den Esel, auf welchem
Abb. 24 Petcr Paul Rubcns, Krönung Mariä Phot. Hansstaengl
Kaiser-Friedrich-Museum zu Bcrlin (Text S. 21t
niedergelassen. Auf ihrem Schoße, das Köpflein
an der Mutter Brust ruhend, ist das Christkindlein
sest eingeschlummert. Andächtig beschauen den
kleinen Schläfer die Heiligen Agnes, Katharina
und Georg. Über Klein-Jesus schwirren zwei
geflügelte Putten und betrachten den Schlummern-
den. Ein reizvolles Jdyll spielt sich ganz in
der Nähe ab. Der Johannesknabe und zwei
weitere kleine Gefährten vergnügen sich mit einem
Lämmlein. Es scheint nach Kinderart ziemlich
laut dabei hergegangen zu sein. Nun hat ein
Kleiner gemerkt, daß das Jesulein schläft. Wie
erschreckt fährt er mit dem Zeigefinger der linken
Hand an den Mund, weist mit der Rechten nach
dem Schlummernden und blickt besorgt die lärmen-
den Spielkameraden an: „Pst! Stille! er schläft.
Wecken wir ihn nicht!" Etwas entfernt sitzt
Sankt Joseph auf einem Steinblock und pflegt
der Ruhe. — Wahrlich großen Reichtum an Mo-
tiven, wohltuend frische Lebendigkeit gibt es in
den zahlreichen Darstellungen der heiligen Fa-
milie, die einem Rubens gelangen, zu bewundern.
Greifen wir nun einige von den
vielen wohlgelungenen Bildern des
flämischen Malers heraus, welche die
Mutter Gottes in Verbindung mit der
Geschichte der Kindheit Jesu bringen.
— Die „Anbetung des neugeborenen
Jesuskindes durch die vom Felde auf
Engelsruf hin herbeigeeilten Hirten"
verherrlichte Rubens in drei bedeut-
sameren Bildern, in der Alten Pina-
kothek zu München (Abb. 19), im Mu-
seum zu Marseille und in der Aka-
demie zu Wien. Jedesmal liegt im
Stalle, in einer Krippe, auf Stroh ge-
bettet, das göttliche Kind, von Maria
und Joseph ehrfürchtig umgeben, Ochs
undEselfehlennicht. Hirtenvolk-Män-
ner und Frauen — ist demütig genaht.
Jn dem Münchener Gemälde schweben
besonders zahlreiche und kräftige, ju-
belnde Engelscharen hernieder; sie hal-
ten ein Schriftband mit dem Lob-
spruch: „Cloria iu iüxooiZio Doo st in
tsrra xax." „Ehre sei Gott in der
Höhe und Friede auf Erden." —
Außerordentlich glanzvoll mußte dem
prachtliebenden Rubens die Schilde-
rung der Anbetung der Könige aus
dem Morgenlande gelingen. Hier war
Gelegenheit, in den prunkenden Ge-
wandungen der Könige und ihres rei-
chen Gefolges der Darstellung ein fest-
liches Gepräge zu geben. Die Fauna,
welche mitgeführt wird, Kamele und
Pferde, schillernde Rüstungen, leuch-
tende Körper der Knechte, welche die
Geschenke schleppen, und jubilierende
Putten, Mohren dunkelster Hautfarbe,
oft mit hellen Kopftüchernbedeckt,reiche
Goldverbrämung, Übersluß an Farbe
und Licht — alle diese Faktoren ergaben Pro-
dukte, so kräftig wie möglich der Eigenart des
sinnesfrohen Rubens entsprechend. Fast läuft
unser Jnteresse an der Huldigung des vordersten
Königs vor dem neugeborenen Gotteskinde, das
von Maria gehalten, von Joseph beschirmt wird,
Gefahr, von diesem mannigfachen und glänzenden
Beiwerk erdrückt zu werden. Daher springt auch
bei des Rubens Behandlung dieses Themas die
Gestalt der heiligen Mutter weniger in die Augen.
Das gilt für die Werke im Pradomuseum zu
Madrid, im Museum zu Lyon und in jenem zu
Antwerpen, während auf der Tasel im Louvre
zuParis (Abb.21) das eigentlichereligiöse Thema
der Darstellung, eben der Huldigungsakt, und
entsprechend auch die Person der Gottesmutter
ganz entschieden zu ihrem Rechte kommen. —
Haben wir in diesem Bilde schon etwas von der
Helldunkelwirkung eines Correggio, so noch mehr
in der „Flucht nach Ägypten" der Galerie zu
Kassel (Abb. 22). Ein geflügelter Genius, ein
kräftiger Jüngling führt den Esel, auf welchem