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Abb, S5
Peter Paul Rubens, Die heilige Dreieinigkeit
Alte Pinakothek zu Münchcn (Tcxt S, 31>
zu Mecheln und im Museum zu Nancy, „Die
Ehebrecherin vor Christus", ein Bild, das alle
Figuren nur in Zweidrittelgestalt gibt, verwahrt
das Museum zu Brüssel. Als ein alles Reale
auch in der biblischen Kunst stark bevorzugender
Künstler erweist sich unser Meister nicht minder
im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Museum zu
Antwerpen). Wir vermeinen hier zunächst ein
Genrestück landwirtschaftlichen Lebens zu sehen.
Jn wenige Lumpen mangelhaft gehüllt, kniet der
verlorene Sohn, der soeben zurückgekehrt ist, im
Wirtschaftshofe seines Vaters. Knechte, Mägde,
Pferde, Rinder, Ferkel füllen gut und lebendig
den noch mit landwirtschaftlichem Apparat aller
Art versehenen Raum. Das Stück „Jesus bei
Simon dem Pharisäer" (Eremitage zu Peters-
burg) zeigt eine Fülle interessanter und charak-
teristischer Thpen bei
den Tischgenossen
und den die Speisen
auftragenden Be-
dienten. Dem am
Tafelende rechts er-
höht sttzenden Hei-
land trocknet die nie-
dergekniete Magda-
lena mit ihren Haa-
ren den Fuß. Jst
bei diesem Bilde ve-
netianischer Einfluß
unschwer zu konsta-
tieren, so erstrechtbei
dem „Abendmahle"
im Brerapalast zu
Mailand (Abb. 26).
Und zwar ist das
Muster Tintoretto,
nicht nur in Farben
und Lichtgebung,son-
dern auch das Motiv
„Jesus segnet gerade
das Brot" stammt
von diesem Maler.
Jn vielen Schil-
derungen des gött-
lichen Leidens
spielen die den Vene-
tianern abgelausch-
tenFarbenundLicht-
problemebei Rubens
nicht minder eine
große Rolle. Ander-
seits sind gerade diese
venetianisch beein-
flußten Stücke nicht
diejenigen, in wel-
chen sich dieursprüng-
liche echt Rubenssche
Kraft am vollstenund
am glänzendsten of-
fenbart. Hierhin ge-
hören z. B. die „Dor-
nenkrönung" in der Kapelle des Hospitals zu Grasse
und die „Geißelung" in der Paulskirche zu Ant-
werpen. Dngegen stnd die beiden ziemlich gleich-
artigen Darstellungen der „Kreuztragung" im
Reichsmuseum zu Amsterdam (Abb. 27) und im
Königlichen Museum zu Brüssel wieder echteste
KunstdenkmälereinesstarkennordischenRealismus.
Zwar diente das Amsterdamer Stück als Skizze
für das große Bild zu Brüssel. Wie der Zug
markiger Männer, gesunder Frauen und Kinder
den steilen Berg gen Golgatha heransteigt, Vero-
nika, eine blühende Frau, in Frisur und Kleid
der Zeit des Rubens entsprechend modern auf-
gefaßt, dem niedergefallenen Erlöser mit einem
Tuche die Stirne trocknet, Hauptleute und Fahnen-
träger auf stattlichen Rossen voranreiten, die mus-
kulösen Schächer, von starken Kriegern geführt,
Phot. Hansstaengl
Abb, S5
Peter Paul Rubens, Die heilige Dreieinigkeit
Alte Pinakothek zu Münchcn (Tcxt S, 31>
zu Mecheln und im Museum zu Nancy, „Die
Ehebrecherin vor Christus", ein Bild, das alle
Figuren nur in Zweidrittelgestalt gibt, verwahrt
das Museum zu Brüssel. Als ein alles Reale
auch in der biblischen Kunst stark bevorzugender
Künstler erweist sich unser Meister nicht minder
im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Museum zu
Antwerpen). Wir vermeinen hier zunächst ein
Genrestück landwirtschaftlichen Lebens zu sehen.
Jn wenige Lumpen mangelhaft gehüllt, kniet der
verlorene Sohn, der soeben zurückgekehrt ist, im
Wirtschaftshofe seines Vaters. Knechte, Mägde,
Pferde, Rinder, Ferkel füllen gut und lebendig
den noch mit landwirtschaftlichem Apparat aller
Art versehenen Raum. Das Stück „Jesus bei
Simon dem Pharisäer" (Eremitage zu Peters-
burg) zeigt eine Fülle interessanter und charak-
teristischer Thpen bei
den Tischgenossen
und den die Speisen
auftragenden Be-
dienten. Dem am
Tafelende rechts er-
höht sttzenden Hei-
land trocknet die nie-
dergekniete Magda-
lena mit ihren Haa-
ren den Fuß. Jst
bei diesem Bilde ve-
netianischer Einfluß
unschwer zu konsta-
tieren, so erstrechtbei
dem „Abendmahle"
im Brerapalast zu
Mailand (Abb. 26).
Und zwar ist das
Muster Tintoretto,
nicht nur in Farben
und Lichtgebung,son-
dern auch das Motiv
„Jesus segnet gerade
das Brot" stammt
von diesem Maler.
Jn vielen Schil-
derungen des gött-
lichen Leidens
spielen die den Vene-
tianern abgelausch-
tenFarbenundLicht-
problemebei Rubens
nicht minder eine
große Rolle. Ander-
seits sind gerade diese
venetianisch beein-
flußten Stücke nicht
diejenigen, in wel-
chen sich dieursprüng-
liche echt Rubenssche
Kraft am vollstenund
am glänzendsten of-
fenbart. Hierhin ge-
hören z. B. die „Dor-
nenkrönung" in der Kapelle des Hospitals zu Grasse
und die „Geißelung" in der Paulskirche zu Ant-
werpen. Dngegen stnd die beiden ziemlich gleich-
artigen Darstellungen der „Kreuztragung" im
Reichsmuseum zu Amsterdam (Abb. 27) und im
Königlichen Museum zu Brüssel wieder echteste
KunstdenkmälereinesstarkennordischenRealismus.
Zwar diente das Amsterdamer Stück als Skizze
für das große Bild zu Brüssel. Wie der Zug
markiger Männer, gesunder Frauen und Kinder
den steilen Berg gen Golgatha heransteigt, Vero-
nika, eine blühende Frau, in Frisur und Kleid
der Zeit des Rubens entsprechend modern auf-
gefaßt, dem niedergefallenen Erlöser mit einem
Tuche die Stirne trocknet, Hauptleute und Fahnen-
träger auf stattlichen Rossen voranreiten, die mus-
kulösen Schächer, von starken Kriegern geführt,
Phot. Hansstaengl