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den Zug beschließen, sc> vereinen sich alle diese
Motive zu einem Kunstwerke von dramatischer
Lebendigkeit und echt germanischer starker Emp-
findung. Nur die Gruppe mit der Madonna, die
von Johannes unterstützt mit beiden Händen dem
Erlöser zustrebt, erscheint, außerdem in ein fahles
Grau getaucht, etwas schwächlich. — Das sonst
von der Kunst nur wenig ge-
brachte Thema der „Kreuz-
aufrichtung" hat Rnbens drei-
malbehandelt. Während aber
die beiden Bilder in der Ka-
pelle des Hospitals zu Grasse
und im Louvre zu Paris —
obwohl auch hier die Auf-
richtung des mit dem Kör-
per Christi belasteten schwe-
ren Holzes durch die Scher-
gen großer Mühewaltung be-
darf — in erster Linie wie-
der Beleuchtungsstudien sind,
wurde das Triptychon der
Kathedrale zu Antwerpen
(Abb.30, Mittelstück) zu einer
Apotheose der Krast. Obwohl
die Körper des Heilands und
der Schergen aus dem Halb-
dunkel des Bildtons recht
wirkungsvoll hervorleuchten,
schien dem Künstler hier doch
nur die Bewältigung des
einen Problems vorge-
schwebt zu haben: wie im
höchsten Maße betätigte Ener-
gie in der bildenden Kunst
am vollendetsten zum Aus-
druck kommen könnte. Die
Anstrengungen der das sehr
schwereKreuzesholzhebenden,
zum Teil athletischen Scher-
gen sind von einer Glaubwür-
digkeit, die man wunderbar
nennen könnte, die Muskelzer-
rungen der angestrengtest täti-
gen Krieger von staunens-
werter Natürlichkeit und Echt-
heit. Auf dem rechten Flügel
nehmen Rosse und Reiter, ser-
ner der Körperbau der Schä-
cher, die gerade an ihre Kreuze
geheftet werden, das Kraft-
motiv des Mittelstückes wieder
auf, ebenso im linken Flügelbilde, wo im Hinter-
grunde Maria und Johannes trauern, neben an-
deren Frauen insbesondere jene kraftstrotzende
weibliche Gestalt ganz im Vordergrunde, die ge-
rade ihren Knaben nährt.
Den Kruzifixus verherrlichte dcs Nubens
Pinsel wiederholt. Der Körper Jesu ist dann
immer ein schöner, kräftiger Akt, der Ausdruck
des Gekreuzigten, auch >venn der Tod schon das
Antlitz geküßt hat, oder ivenn seelischer und
lörperlicherSchmerz unverkennbarihmseineSpuren
aufdrückten, immer edel, immer würdevoll, immer
königlich. Jm übrigen zeigen seine Kreuzigungs-
bilder wechselnde Varianten. Auf einem Bilde
der Alten Pinakothek zu München sehen wir das
Kreuz mit dem angenagelten Gottessohne allein
auf weiter Flur. Hell leuchtet der Körper in
Abb. 87 Phot. Hansstacngl
Petcr Paul Nubcns, Sclbstporträt dcs Malers mit scincr crstcn Frau Jsabella Brant
Altc Pinakothck zu München (Text S. 33s
absoluter Finsternis. ktlUmon Ollvisti! Der Kopf
ist gesenkt. Die Augen sind geschlossen. Der
Tod ist eingetreten. Es ist vollbracht! Erschauere,
o Christenherz, aber freue dich auch. Du bist
erlöst. Das ist der Eindruck, den wir von diesem
Bilde mitnehmen. Wieder anders spricht der
Kruzifixus im Museum voil Antwerpen zu uns
(Abb. 28). Hier sind im Malerischen die Gegen-
sätze von Hell und Dunkel nicht so stark. Und
untcn erkennen wir wie in mäßiger Ferne die
den Zug beschließen, sc> vereinen sich alle diese
Motive zu einem Kunstwerke von dramatischer
Lebendigkeit und echt germanischer starker Emp-
findung. Nur die Gruppe mit der Madonna, die
von Johannes unterstützt mit beiden Händen dem
Erlöser zustrebt, erscheint, außerdem in ein fahles
Grau getaucht, etwas schwächlich. — Das sonst
von der Kunst nur wenig ge-
brachte Thema der „Kreuz-
aufrichtung" hat Rnbens drei-
malbehandelt. Während aber
die beiden Bilder in der Ka-
pelle des Hospitals zu Grasse
und im Louvre zu Paris —
obwohl auch hier die Auf-
richtung des mit dem Kör-
per Christi belasteten schwe-
ren Holzes durch die Scher-
gen großer Mühewaltung be-
darf — in erster Linie wie-
der Beleuchtungsstudien sind,
wurde das Triptychon der
Kathedrale zu Antwerpen
(Abb.30, Mittelstück) zu einer
Apotheose der Krast. Obwohl
die Körper des Heilands und
der Schergen aus dem Halb-
dunkel des Bildtons recht
wirkungsvoll hervorleuchten,
schien dem Künstler hier doch
nur die Bewältigung des
einen Problems vorge-
schwebt zu haben: wie im
höchsten Maße betätigte Ener-
gie in der bildenden Kunst
am vollendetsten zum Aus-
druck kommen könnte. Die
Anstrengungen der das sehr
schwereKreuzesholzhebenden,
zum Teil athletischen Scher-
gen sind von einer Glaubwür-
digkeit, die man wunderbar
nennen könnte, die Muskelzer-
rungen der angestrengtest täti-
gen Krieger von staunens-
werter Natürlichkeit und Echt-
heit. Auf dem rechten Flügel
nehmen Rosse und Reiter, ser-
ner der Körperbau der Schä-
cher, die gerade an ihre Kreuze
geheftet werden, das Kraft-
motiv des Mittelstückes wieder
auf, ebenso im linken Flügelbilde, wo im Hinter-
grunde Maria und Johannes trauern, neben an-
deren Frauen insbesondere jene kraftstrotzende
weibliche Gestalt ganz im Vordergrunde, die ge-
rade ihren Knaben nährt.
Den Kruzifixus verherrlichte dcs Nubens
Pinsel wiederholt. Der Körper Jesu ist dann
immer ein schöner, kräftiger Akt, der Ausdruck
des Gekreuzigten, auch >venn der Tod schon das
Antlitz geküßt hat, oder ivenn seelischer und
lörperlicherSchmerz unverkennbarihmseineSpuren
aufdrückten, immer edel, immer würdevoll, immer
königlich. Jm übrigen zeigen seine Kreuzigungs-
bilder wechselnde Varianten. Auf einem Bilde
der Alten Pinakothek zu München sehen wir das
Kreuz mit dem angenagelten Gottessohne allein
auf weiter Flur. Hell leuchtet der Körper in
Abb. 87 Phot. Hansstacngl
Petcr Paul Nubcns, Sclbstporträt dcs Malers mit scincr crstcn Frau Jsabella Brant
Altc Pinakothck zu München (Text S. 33s
absoluter Finsternis. ktlUmon Ollvisti! Der Kopf
ist gesenkt. Die Augen sind geschlossen. Der
Tod ist eingetreten. Es ist vollbracht! Erschauere,
o Christenherz, aber freue dich auch. Du bist
erlöst. Das ist der Eindruck, den wir von diesem
Bilde mitnehmen. Wieder anders spricht der
Kruzifixus im Museum voil Antwerpen zu uns
(Abb. 28). Hier sind im Malerischen die Gegen-
sätze von Hell und Dunkel nicht so stark. Und
untcn erkennen wir wie in mäßiger Ferne die