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Abb. 18 (T-xt S. 14t Ph°«. Alinaii
Dom. Ghirlandajo,- BildniL der Gattin des Franccsco Sassetti, FreZko in dcr Sassetti-Kapelle
ebenfalls in den Fresken von S. Maria Novella
begegnet. Vielleicht noch interessanter ist das
Bildnis des graubärtigen griechischen Philosophen
Argyropulos rechts neben Giovanni Torirabuoni,
jenes Weisen am Hofe des Papstes, der alle seine
Zuhörer zum Studium der griechischen Sprache
und Literatur begeisterte. Jn dem Aufbau dieser
Gruppen entwickelt der Meister zum ersten Male
die Fähigkeit, Massen rhythmisch zu gliedern.
Von den Einzelgestalten der päpstlichen Mär-
tyrer zwischen den Fenstern der Kapelle hat Ernst
Steinmann, der Versasser des monumentalen
Werkes über die Sixtina, mit Bestimmtheit die
Heiligen Pius, Viktor, Jginus, Anaklet, Dalmata
und Felix als eigenhändige Arbeiten Ghirlandajos
erkannt, in Ausdruck und Bewegung mannigfach
variierte Gestalten, die an ernster Würde, an Fein-
heit und Sicherheit der Charakterzeichnung dem
heiligen Hieronymus in Ognis-
santi nicht nachstehen (Abb. 11).
Trotz aller dieser Arbeit
fand er aber, wie Vasari be-
richtet, noch Muße, sich in das
Studium der Altertümer Noms
zu versenken. Erst bei diesem
zweiten Aufenthalt in der ewigen
Stadt ist ihm das volle Ver-
ständnis für die klassische Kunst
aufgegangen, die fortan ein
bestimmendes Element seines
Schaffens wird. Vasari rühmt
ihm nach, daß er ohne jedes
Handwerkzeug in den richtigen
Verhältnissen Triumphbögen,
Bäderanlagen, Säulen, Obelis-
ken, das Kolosseum und Aquä-
dukte ausgenommen habe. Mit
Ehren überhäuft, kehrte er 1482
aus der Stadt der Päpste
nach Florenz zurück, wo er
neue große Aufträge erhalten
sollte.
Francesco Sassetti, ein reich-
gewordener Florentiner Patri-
zier und Teilhaber des Bank-
hauses der Medici, beauftragte
ihn, seine Familienkapelle in
Santa Trinita auszumalen.
Schon im Jahre 1469 hatte
Francesco Sassetti die Absicht,
die Chorkapelle von Santa Ma-
ria Novella mit Fresken aus dem
Leben seines Schutzpatrons, des
heiligen Franz, zu schmücken.
Aber die Dominikanermönche
von Santa Maria Novella
sträubten sich begreiflicherweise
dagegen, dem Stifter des Fran-
ziskanerordens die Hauptkapelle
ihrer Kirche zu weihen. So
mußte Francesco Sassetti sich
mit einer kleinen Kapelle der
Kirche Santa Trinita begnügen. Ghirlandajo
aber hatte hier weniger die Aufgabe, das Leben
und Sterben des heiligen Franz zu schildern, als
vielmehr den Ruhm eines reich gewordenen Flo-
rentiner Patriziers zu künden. Demgemäß bricht
er hier zum ersten Male mit jenem Kompositions-
schema, das er bis dahin inne gehalten hatte.
Die Bildnisstguren, die sich bisher mit der be-
scheidenen Rolle des teilnehmenden Zuschauers
begnügen mußten, fangen an, ihre eigene Sonder-
existenz zu sühren. Sie werden zu selbständigen
Trägern einer weltlichen Handlung. Daher er-
scheinen sie im ersten Plan, und der religiöse Vor-
gang wird in den Mittelgrund verlegt. Der
Schauplatz der Handlung aber wird Florenz, und
Florentiner Gebäude und Straßen, die Brücke
S. Trinita, der Palazzo Spini, die Loggia dei
Lanzi und der Palazzo Vecchio bilden die Szene,
Abb. 18 (T-xt S. 14t Ph°«. Alinaii
Dom. Ghirlandajo,- BildniL der Gattin des Franccsco Sassetti, FreZko in dcr Sassetti-Kapelle
ebenfalls in den Fresken von S. Maria Novella
begegnet. Vielleicht noch interessanter ist das
Bildnis des graubärtigen griechischen Philosophen
Argyropulos rechts neben Giovanni Torirabuoni,
jenes Weisen am Hofe des Papstes, der alle seine
Zuhörer zum Studium der griechischen Sprache
und Literatur begeisterte. Jn dem Aufbau dieser
Gruppen entwickelt der Meister zum ersten Male
die Fähigkeit, Massen rhythmisch zu gliedern.
Von den Einzelgestalten der päpstlichen Mär-
tyrer zwischen den Fenstern der Kapelle hat Ernst
Steinmann, der Versasser des monumentalen
Werkes über die Sixtina, mit Bestimmtheit die
Heiligen Pius, Viktor, Jginus, Anaklet, Dalmata
und Felix als eigenhändige Arbeiten Ghirlandajos
erkannt, in Ausdruck und Bewegung mannigfach
variierte Gestalten, die an ernster Würde, an Fein-
heit und Sicherheit der Charakterzeichnung dem
heiligen Hieronymus in Ognis-
santi nicht nachstehen (Abb. 11).
Trotz aller dieser Arbeit
fand er aber, wie Vasari be-
richtet, noch Muße, sich in das
Studium der Altertümer Noms
zu versenken. Erst bei diesem
zweiten Aufenthalt in der ewigen
Stadt ist ihm das volle Ver-
ständnis für die klassische Kunst
aufgegangen, die fortan ein
bestimmendes Element seines
Schaffens wird. Vasari rühmt
ihm nach, daß er ohne jedes
Handwerkzeug in den richtigen
Verhältnissen Triumphbögen,
Bäderanlagen, Säulen, Obelis-
ken, das Kolosseum und Aquä-
dukte ausgenommen habe. Mit
Ehren überhäuft, kehrte er 1482
aus der Stadt der Päpste
nach Florenz zurück, wo er
neue große Aufträge erhalten
sollte.
Francesco Sassetti, ein reich-
gewordener Florentiner Patri-
zier und Teilhaber des Bank-
hauses der Medici, beauftragte
ihn, seine Familienkapelle in
Santa Trinita auszumalen.
Schon im Jahre 1469 hatte
Francesco Sassetti die Absicht,
die Chorkapelle von Santa Ma-
ria Novella mit Fresken aus dem
Leben seines Schutzpatrons, des
heiligen Franz, zu schmücken.
Aber die Dominikanermönche
von Santa Maria Novella
sträubten sich begreiflicherweise
dagegen, dem Stifter des Fran-
ziskanerordens die Hauptkapelle
ihrer Kirche zu weihen. So
mußte Francesco Sassetti sich
mit einer kleinen Kapelle der
Kirche Santa Trinita begnügen. Ghirlandajo
aber hatte hier weniger die Aufgabe, das Leben
und Sterben des heiligen Franz zu schildern, als
vielmehr den Ruhm eines reich gewordenen Flo-
rentiner Patriziers zu künden. Demgemäß bricht
er hier zum ersten Male mit jenem Kompositions-
schema, das er bis dahin inne gehalten hatte.
Die Bildnisstguren, die sich bisher mit der be-
scheidenen Rolle des teilnehmenden Zuschauers
begnügen mußten, fangen an, ihre eigene Sonder-
existenz zu sühren. Sie werden zu selbständigen
Trägern einer weltlichen Handlung. Daher er-
scheinen sie im ersten Plan, und der religiöse Vor-
gang wird in den Mittelgrund verlegt. Der
Schauplatz der Handlung aber wird Florenz, und
Florentiner Gebäude und Straßen, die Brücke
S. Trinita, der Palazzo Spini, die Loggia dei
Lanzi und der Palazzo Vecchio bilden die Szene,