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Die Kunst dem Volke <München> — 1914 (Nr. 17-20)

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Theodor Horschelt
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Abb. 22 (Tcxt S. 18) Auf dcr Wachc

tikeln für die „Allgemeine Zeitung",
daraus dann das schöne lebendige
Buch „Ein Winter in Spanien"

(Stuttgart 185ü in 2 Bänden) her-
vorging. Die Schilderung über den
Besuch des uraltberühmten Klosters
Montserrat wäre heute noch wür-
dig, in unseren Lesebüchern als
mustergültiges Vorbild eine Stelle
zu finden, ebenso die mit Alban
Stolz' Humor wetteifernde Beschrei-
bung der mit Maultieren bespann-
ten, in rasender Eile dahinstürmen-
den Diligencenfahrt. — Die bis-
weilen von den Schienenwegen ab-
biegenden Reisenden durchkosteten
eine ganze Musterkarte von land-
läusigen Vehikel- und Beförderungs-
Methoden, wozu der übrigens etwas
nimrodmäßig veranlagte Horschelt
im spanischen Volkskostüm viel Pul-
ver nutzlos verknallte. Jn Sancho
Pansas Heimat versuchten sie sogar
den holperigen Transport auf groß-
räderigen Karren, trafen mit Zi-
geunern zusammen, herbergten in
armseligen Posaden, erfreuten ihre
Augen an Fandangotänzen und ge-
nossen selbst in den elendesten Nacht-
lagern, oftmals frierend, doch eine
stets köstliche Schokolade.

Die Route bog von Valencia
über Madrid nach dem alle Erwar-
tung übertreffenden, altmaurischen
Toledo, ins Gartenland Granada
und Sevilla; von Cadix dampften
sie bei bewegter See nach Gibraltar,
wo Horschelt, da hier alles Zeich-
nen herkömmlich strengstens verboten
ist, in stiller Wut herumging, dann
in stürmischer dreitägiger Fahrt
Afrika zu, wobei sich der Maler, wie
er an seine Mama meldet, durch
unerwartete eguilibristische Erleb-
nisse doch „köstlich amüsierte" und einmal aus
seiner Kabine über zwei Bänke in unfreiwilliger
Balance flog. Dazu kam, daß der Kapitän die
Straße zum erstenmal fuhr: „Es- hätte mich
gar nicht gewundert, eines schönen Morgens
statt in Oran, an der Küste von Nürnberg zu
landen, auch wollte der Kompaß, hie und da
um einige siebzig Grad differierend, nicht pa-
rieren, so daß meine größte Angst war, wir
würden einmal nachts tüchtig am Äquator an-
fahren." Nach drei Tagen dampften Hackländer
und Leins nach Marseille zurück. Unser Maler
aber forcierte über Mostaganem und Milianah
einen Dauerritt mit größtem Ungemach nach Al-
gier, fuhr über Philippeville nach Constantine,
wo er das große Felsennest mit mühevollstem, aus-
dauerndstem Hinhocken von drei Seiten zeichnete,
offenbar in der Absicht, den gewaltigen Hinter-

grund zu einem Bilde zu verwerten. Trotz bester
Empfehlungsbriefe gelang es ihm nicht, an einer
Expedition Mac Mahons (des nachmaligen Her-
zogs von Magenta) gegen die wilden Stämme im
Jnnern des Landes teilnehmen zu dürfen. Da-
gegen machte sich Horschelt auf, um die sechs
Tagreisen (heute durch leichte Eisenbahnfahrt er-
reichbar) entfernte Oase Biskrah zu besuchen und
einige Wochen daselbst bei den gastlichen garni-
sonierenden Offizieren des dritten afrikanischen
Jägerregiments seinen Studien über Land und
Leute zu obliegen. Die durch heiße Quellen
reich ausgestattete Oase wird bald einem inter-
nationalen Sanatorium entgegenreifen. Nur un-
gern, aber mit reichen Studien beladen, riß er sich los,
eilte über Marseille nach Paris, um sich noch einmal
in sämtlichen Galerien an des Schlachtenmalers
Horace Vernets Schöpfungen zu erquicken. Dann
 
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