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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Doering, Oscar: Der Bamberger Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0017
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10 —

Als der Dom fertig war, hatte er an seinem Ostchore den terrassen-
artigen Vorbau noch nicht, der den Übergang von dem hochgelegenen
Gebäude zu dem unten sich dehnenden Platze so natürlich und malerisch
vermittelt. Diese Terrasse (der „Domkranz" oder die „Domgred"
— das Wort ist abgeleitet vom lateinischen N'uäiis, die Stuse —) ist
erst ein Zusatz späterer Zeit; das schöne steinerne Geländer entstand
im Jahre 1507. Wir steigen eine der beiden zu der Plattform führen-
den breiten Treppen hinan und stehen nun dicht vor dem prachtvollen
Georgenchore. (Abb. 2, 3, 4 und 6.) Mächtig quillt er mit seinen
fünf Seiten des regelmäßigen Achtecks aus der östlichen Fläche der
Kirche hervor — jener Fläche, die durch die Untergeschosse der beiden
östlichen Türme und die zwischen ihnen liegende Giebelwand des
Langhauses gebildet wird. Da steht nun dieser Chor mit einer so
herrlichen Ausschmückung vor uns, wie wir sie an andern Kirchen-
bauten derselben Zeit vergebens suchen. Jn drei charakteristisch ver-
schiedenen, dabei aufs schönste mit einander in Harmonie gebrachten
Teilen steigt die Chorwand auf. Ruhig und wuchtig mit seinen brei-
ten Steinflächen ist das Untergeschoß. Durch Bündel von dünneren
und stärkeren Dreiviertel-Säulen wird es gegliedert, durch einen sehr
reich ausgebildeten Fries oben begrenzt. Darüber folgt das Fenster-
geschoß. Die rundbogigen Lichtöffnungen erhalten durch die schöne
Gliederung ihrer stark vertieften Leibungen malerische Helldunkel-
wirkung. Die Hohlkehlen sind durch Reihen kleiner Knollen oder
Schellen höchst reizvoll belebt. Den oberen Saum des Fenstergeschosses
bildet ein schöner Fries; er besteht oben aus einem Laubbande, unten
aus jener Kette von kleinen Halbkreisbögen, die sich auch an den
Wänden des Langhauses und an den Turmgeschossen hinzieht; jede

Abb. 13 iText S. 12>

Tas FUrstcnportal

Vcrlag L. Wcrncr, München

Abb. 11 (Text S. 12 u. 21) Phot. B.Haaf
Die Synagoge

Bogenfläche ist mit einer kleinen
Blattverzierung belebt, von denen
nicht eine genau so ist wie die an-
dere. Das ist eins der kleinen aber
bedeutungsvollen Beispiele, an de-
nen man bewundern muß, mit wel-
cher Liebe und Sorgfalt, welchem
persönlichen inneren Jnteresse die
Menschen des Mittelalters sich ihrer
künstlerischen Aufgaben annahmen.
— Ganz oben bildet eine sogenannte
Zwerggalerie den Abschluß. Der-
gleichen gibt es auch vielfach an
den romanischen Kirchen des Rhein-
landes -— schmale Laufgänge, die
sich mit zierlichen Säulenstellungen
nach außen öffnen; für das Auge
dienen sie dazu, das Bild des Bau-
werkes in anmutigster Art zu be-
leben.
 
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