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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Doering, Oscar: Der Bamberger Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0021
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14

Abb. 21 (Tcxl S. S u. 15)

Blick in dcn Georgenchor Phot. K. Mcßbiloanstalt, Bcilin

schlusses zu bedürfen schien, ist in den obersten
Schallöffnungen je eine schlanke Fiale (Spitztürm-
chen) eingesetzt. Das Äußere des westlichen
Chores (Abb. 17) ist bedeutend einfacher als
das des östlichen. Die Gesimse zeigen eigen-
tümliche Formen, die von burgundischen Vor-
bildern hierher übertragen worden sind. Es
scheint, daß der westliche Chor weitaus reicher
beabstchtigt gewesen ist, und daß er gleich den
Chören französischer Kathedralen einen Kapellen-
kranz hat erhalten sollen. Hierauf deutet das
Modell des Domes, welches die Kaiserin Kuni-
gunde an der Adamspforte in der Hand hält.
Die Westtürme haben eine weit reichere Gestalt
bekommen als ihre Genossen im Osten. Die un-
teren Teile sind schlicht romanisch, oben aber än-
dert sich plötzlich der Gedanke. Die Türme wer-
den achteckig, und aus je vier Seiten treten zier-
liche Säulenbauten heraus, wie kleine Chörlein
(Abb-18).SiebestehenimGrundrißausfünfSeiten
des regelmäßigen Achtecks. Das wiederholt sich
bei jedem der beiden Türme dreimal übereinander.
Die Kunstforschung hat festgestellt, daß nicht nur
die Formen im einzelnen aus Frankreich stam-
men, sondern daß dies mit der gesamten Jdee

dieser Turmbauten der Fall ist: ihr Vorbild sind
die Türme der Kathedrale von Laon. Doch
handelt es sich in Bamberg nicht etwa um eine
bloße Nachahmung; alles ist von selbständigem,
in höchstem Maße künstlerischem Verständnisse
durchdrungen. Wie die Laoner Türme annähernd
wirklich aussehen, zeigt der Baldachin über der
Figur des hl. Dionysius im nordöstlichen Seiten-
schiffe des Bamberger Domes (nahe bei der Bild-
säule Marias, vgl. Abb. 34). Die Helmbekrönung
der westlichen Türme ift eine Bildung späterer Zei-
ten; eigentlich verlangen sie einen höheren Mittel-
turm und vier Ecktürmchen. Sie waren auch früher
vorhanden, wurden aber 1768 entfernt, und es
entstand das jetzige, weniger günstige Bild.

Betreten wir durch die Adams- oder die Veits-
pforte das Jnnere des Domes (Abb. 19), so
empfängtuus eins derbeidenSeitenschiffemitseinen
ernsten und wuchtigen Wölbungen und mächtigen
Pfeilern, und schreiten wir dann in das Mittelschiff,
so schauen wir bewundernd zu dem stolzen Gewölbe
und zu den beiden Chören empor. Verschiedene
Zeiten schufen diesen herrlichen Raum, aber einer-
lei Geist waltet darin, der des edelsten Eben-
maßes. Und doch will uns in dem Dome nicht
 
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