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Abb. 28 (Tcxt S. 17)
Phot. K. Mcßbildcmstalt, Bcrlin
Wandnischcn im PeierLchore
und Gesichtsausdrücken der Mäuner waltet monu-
mentale Ruhe, die Falten der Gewänder sind reich
und doch einfach. Jm ganzen bieten diese Re-
liefs mehr Flächenwirkung. Die Ausschmückung
der nördlichen Seite gewährt schon darum einen
lebhafteren Anblick, weil hier die Nischen Klee-
blattform besttzen und ihre oberen Flächen bei
der östlichen Dreiheit mit üppigem Laubwerk
gefüllt sind. Deutlich sind bei den Figuren die
Hände von zwei Künstlern zu unterscheiden: von
dem einen stnd die Reliefs der westlichen Drei-
heit und das erste östliche, von der andern die
zwei übrigen. Die ersteren haben etwas, das an
herkömmliche Art erinnert, die beiden übrigen,
besonders das vorletzte (mit dem kahlköpfigen
Manne, Abb. 38) sind voll Leben und Naturwahr-
heit, die bis zur Rücksichtslosigkeit geht. Benenneu
lassen sich von diesen Personen uur
wenige. Herkömmlich werden die
der Südseite als Apostel, die der
Nordseite als Propheten bezeichnet,
die Nichtigkeit dieser Meinung ist
aber durch nichts zu erweisen. Daß
die angeblichen Propheten Heili-
genscheine haben, würde freilich
nichts zur Sache tun, da dergleichen
damals öfter vorkommt. Kennzeich-
nende Merkmale finden sich nur hin
und wieder. Einen (an der Süd-
seite) erkennt man an dem Schlüssel
als St. Petrus, neben ihm steht
Zacharias mit dem doppelten Kreuz
(ein solches befindet sich auch in dem
Domschatze). Der Mann mit der
Säge (auf der nördlichen Seite)
könnte der Prophet Jsaias oder
auch der Apostel Simon Zelotes
sein (Abb. 39). Da der gekrönte
Mann, eine der herrlichsten Figuren
von allen, weder ein Apostel noch ein
Prophet sein kann, so wird die Deu-
tung beider Reihen unklar. Freilich
kam es im Mittelalter vor, daß in
Gesellschaft von Propheten auch Da-
vid oder Salomo mit dargestellt wur-
den. Eine Künstlerkraft, welche bei
der Entstehung der Georgenchor-
Schranken mitbeteiligt gewesen sein
dürfte, zum mindesten aber derselben
Schule angehörte, hat sich in glän-
zender Art auch an dem Fürsten-
portale betätigt, und zwar an dessen
linker Seite. Die dort übereinander
stehenden Propheten und Apostel (hier
ist die Deutung zweifellos) zeigen
durchaus verwandte Köpfe, Gestal-
ten, Faltenwürfe; die Bewegungen
sind bei den Statuen ruhiger als bei
den Chorreliefs. Die Gruppen der
rechten Seite sind etwas jünger;
leider haben mehrere durch Nässe arg
gelitten. Das Weltgericht-Relief zeigt
eine kräftige Persönlichkeit, der besonders daran
gelegen war, Gemütsstimmungen zu schildern. Die
gestellte Aufgabe war aber für damalige Zeit
doch noch zu schwer — sowohl die höchste Freude
wie den tiefsten Schmerz der Menschen vermochte
der Künstler nur durch Grimassen anzudeuten;
schöner traf er die Schilderung überirdischer
Hoheit und Seligkeit — die glückliche Ruhe der
Engel, die Majestät des Weltenrichters, das in-
brünstige Flehen Marias und des Täufers Jo-
hannes sind aufs wunderbarste gelungen.
Wir hörten schon, daß für den Westchor des
Bamberger Domes sehr weitgehende Pläne be-
standen. Es ist zu bedauern, daß sie nicht ausge-
führt wurden, denn wir hätten sonst ein Kunst-
werk, dessen gleichen es auf deutschem Gebiete nicht
wieder gibt. Den Verlust würdigen zu köunen,
Abb. 29 (Text S. 17)
Phot. W. Kröner, Bamberg
Der Sarkophag Kkemcns' II.
3*
Abb. 28 (Tcxt S. 17)
Phot. K. Mcßbildcmstalt, Bcrlin
Wandnischcn im PeierLchore
und Gesichtsausdrücken der Mäuner waltet monu-
mentale Ruhe, die Falten der Gewänder sind reich
und doch einfach. Jm ganzen bieten diese Re-
liefs mehr Flächenwirkung. Die Ausschmückung
der nördlichen Seite gewährt schon darum einen
lebhafteren Anblick, weil hier die Nischen Klee-
blattform besttzen und ihre oberen Flächen bei
der östlichen Dreiheit mit üppigem Laubwerk
gefüllt sind. Deutlich sind bei den Figuren die
Hände von zwei Künstlern zu unterscheiden: von
dem einen stnd die Reliefs der westlichen Drei-
heit und das erste östliche, von der andern die
zwei übrigen. Die ersteren haben etwas, das an
herkömmliche Art erinnert, die beiden übrigen,
besonders das vorletzte (mit dem kahlköpfigen
Manne, Abb. 38) sind voll Leben und Naturwahr-
heit, die bis zur Rücksichtslosigkeit geht. Benenneu
lassen sich von diesen Personen uur
wenige. Herkömmlich werden die
der Südseite als Apostel, die der
Nordseite als Propheten bezeichnet,
die Nichtigkeit dieser Meinung ist
aber durch nichts zu erweisen. Daß
die angeblichen Propheten Heili-
genscheine haben, würde freilich
nichts zur Sache tun, da dergleichen
damals öfter vorkommt. Kennzeich-
nende Merkmale finden sich nur hin
und wieder. Einen (an der Süd-
seite) erkennt man an dem Schlüssel
als St. Petrus, neben ihm steht
Zacharias mit dem doppelten Kreuz
(ein solches befindet sich auch in dem
Domschatze). Der Mann mit der
Säge (auf der nördlichen Seite)
könnte der Prophet Jsaias oder
auch der Apostel Simon Zelotes
sein (Abb. 39). Da der gekrönte
Mann, eine der herrlichsten Figuren
von allen, weder ein Apostel noch ein
Prophet sein kann, so wird die Deu-
tung beider Reihen unklar. Freilich
kam es im Mittelalter vor, daß in
Gesellschaft von Propheten auch Da-
vid oder Salomo mit dargestellt wur-
den. Eine Künstlerkraft, welche bei
der Entstehung der Georgenchor-
Schranken mitbeteiligt gewesen sein
dürfte, zum mindesten aber derselben
Schule angehörte, hat sich in glän-
zender Art auch an dem Fürsten-
portale betätigt, und zwar an dessen
linker Seite. Die dort übereinander
stehenden Propheten und Apostel (hier
ist die Deutung zweifellos) zeigen
durchaus verwandte Köpfe, Gestal-
ten, Faltenwürfe; die Bewegungen
sind bei den Statuen ruhiger als bei
den Chorreliefs. Die Gruppen der
rechten Seite sind etwas jünger;
leider haben mehrere durch Nässe arg
gelitten. Das Weltgericht-Relief zeigt
eine kräftige Persönlichkeit, der besonders daran
gelegen war, Gemütsstimmungen zu schildern. Die
gestellte Aufgabe war aber für damalige Zeit
doch noch zu schwer — sowohl die höchste Freude
wie den tiefsten Schmerz der Menschen vermochte
der Künstler nur durch Grimassen anzudeuten;
schöner traf er die Schilderung überirdischer
Hoheit und Seligkeit — die glückliche Ruhe der
Engel, die Majestät des Weltenrichters, das in-
brünstige Flehen Marias und des Täufers Jo-
hannes sind aufs wunderbarste gelungen.
Wir hörten schon, daß für den Westchor des
Bamberger Domes sehr weitgehende Pläne be-
standen. Es ist zu bedauern, daß sie nicht ausge-
führt wurden, denn wir hätten sonst ein Kunst-
werk, dessen gleichen es auf deutschem Gebiete nicht
wieder gibt. Den Verlust würdigen zu köunen,
Abb. 29 (Text S. 17)
Phot. W. Kröner, Bamberg
Der Sarkophag Kkemcns' II.
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