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Abb. 31 <Text S. 18) Südlichc Schrankcn des Georgenchores Phot. K. Mcbbildanstalt, Berlin
Zu den für den Westbau bestimmt gewesenen
Figuren gehören sodann in und am Fürsten-
portale der Posaunenengel, Abraham und die
wunderoollen Gestalten der Kirche und Syna-
goge (Abb. 14). Die letzteren beiden sind würdige
Gegenstücke zu den hochberühmten Bildsäulen
gleichen Gegenstandes am Straßburger Münster.
Leider ist die Figur der christlichen Kirche be-
schädigt; dadurch ist ihr die Fahne verloren ge-
gangen, die sie einst in der Rechten gehalten
haben muß. Die lockigen Köpfe und Gestchter
stnd von klassischer Schönheit; der Liniensluß der
Gewänder, der die Körpermodellierung durch-
schimmern läßt, voll Klarheit und Reinheit.
Meisterlich sind bei der Synagoge die verbun-
denen Augen angedeutet. Überall ist ersichtlich,
daß der Künstler des Westbaus seine Schulung
in Frankreich erhalten, sich besonders an den
Bildwerken des Reimser Domes gebildet und
den Geist der Antike, christlich verstanden, in sich
aufgenommen hat. Dies zeigt sich auch deutlich
an mehrecen Figuren, die im Jnnern des Domes
aufgestellt sind.
Neben dem Georgenchor, auf dessen nördlicher
Seite, stehen auf Konsolen die Gestalten zweier
Frauen (Abb. 33, 35 u. 36). Die eine erklärt man,
jedenfalls richtig, als Maria, die andere bezeichnete
man früher als eine Sibylle; jetzt glaubt man,
wohl zutreffender,es sei Elisabeth,und diese beiden
bildeten zusammen die Gruppe der Heimsuchung.
Modellierung, Faltenwurf und Gesichter derbeiden
wetteifern mit dem Besten, was uns das römische
Altertum hinterlassen hat. Seitwärts von Maria
steht ein lächelnder Engel. Man hat ihn als den
Boten des himmlischen Grußes angesehen, ohne
zu beachten, daß er dies nicht sein kann; denn
mit seiner leider abgebrochenen rechten Hand hielt
er eine zur Hälfte noch vorhandene Krone, die
zur Verkündigung nicht paßt. Seine sehr schöne
Gestalt zeigt auch abweichenden Stil. So muß er
für eine andere Gruppe, vielleicht für eine Marien-
krönung, bestimmt gewesen sein. Der Baldachin über
seinem Kopfe zeigt die für den Westchor einst beab-
sichtigte Form mit dem Kapellenkranze; die Türme
haben noch keine oberen (Laoner) Geschosse.
Eins der berühmtesten Werke der gesamten
deutschen Kunst ist endlich eine Reiterfigur
(Abb. 40, 41 und 42) an dem einen Pfeiler des
Abb. 31 <Text S. 18) Südlichc Schrankcn des Georgenchores Phot. K. Mcbbildanstalt, Berlin
Zu den für den Westbau bestimmt gewesenen
Figuren gehören sodann in und am Fürsten-
portale der Posaunenengel, Abraham und die
wunderoollen Gestalten der Kirche und Syna-
goge (Abb. 14). Die letzteren beiden sind würdige
Gegenstücke zu den hochberühmten Bildsäulen
gleichen Gegenstandes am Straßburger Münster.
Leider ist die Figur der christlichen Kirche be-
schädigt; dadurch ist ihr die Fahne verloren ge-
gangen, die sie einst in der Rechten gehalten
haben muß. Die lockigen Köpfe und Gestchter
stnd von klassischer Schönheit; der Liniensluß der
Gewänder, der die Körpermodellierung durch-
schimmern läßt, voll Klarheit und Reinheit.
Meisterlich sind bei der Synagoge die verbun-
denen Augen angedeutet. Überall ist ersichtlich,
daß der Künstler des Westbaus seine Schulung
in Frankreich erhalten, sich besonders an den
Bildwerken des Reimser Domes gebildet und
den Geist der Antike, christlich verstanden, in sich
aufgenommen hat. Dies zeigt sich auch deutlich
an mehrecen Figuren, die im Jnnern des Domes
aufgestellt sind.
Neben dem Georgenchor, auf dessen nördlicher
Seite, stehen auf Konsolen die Gestalten zweier
Frauen (Abb. 33, 35 u. 36). Die eine erklärt man,
jedenfalls richtig, als Maria, die andere bezeichnete
man früher als eine Sibylle; jetzt glaubt man,
wohl zutreffender,es sei Elisabeth,und diese beiden
bildeten zusammen die Gruppe der Heimsuchung.
Modellierung, Faltenwurf und Gesichter derbeiden
wetteifern mit dem Besten, was uns das römische
Altertum hinterlassen hat. Seitwärts von Maria
steht ein lächelnder Engel. Man hat ihn als den
Boten des himmlischen Grußes angesehen, ohne
zu beachten, daß er dies nicht sein kann; denn
mit seiner leider abgebrochenen rechten Hand hielt
er eine zur Hälfte noch vorhandene Krone, die
zur Verkündigung nicht paßt. Seine sehr schöne
Gestalt zeigt auch abweichenden Stil. So muß er
für eine andere Gruppe, vielleicht für eine Marien-
krönung, bestimmt gewesen sein. Der Baldachin über
seinem Kopfe zeigt die für den Westchor einst beab-
sichtigte Form mit dem Kapellenkranze; die Türme
haben noch keine oberen (Laoner) Geschosse.
Eins der berühmtesten Werke der gesamten
deutschen Kunst ist endlich eine Reiterfigur
(Abb. 40, 41 und 42) an dem einen Pfeiler des