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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Doering, Oscar: Der Bamberger Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0033
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26

er ihn und war geheilt, dankte und
freute sich und alle die Seinigen
mit ihm. Das Kloster aber be-
schenkte er aufs reichste. Das Re-
lief schildert diese Szene mit großer
Einfachheit; die Darstellung ist für
den, welcher die Legende kennt, leicht
verständlich. Man siehtSt. Benedikt;
in der Nechten hält er das Opera-
tionsmesser, mit der Linken legt er
den Stein in des Kaisers Hand.
Daß dieser unbekleidet im Bette
liegt, entspricht der Gewohnheit des
Mittelalters. Rechts sitzt der Arzt,
welcher Heinrichs Krankheit nicht
zu heilen oermochte; in einer Nische
links steht ein Tisch mit einer
Schale (?) und einem Trinkbecher.
Die Zeichnung des Bettes leidet an
Fehlern. Dafür sind besonders die
Figuren Benedikts und des Arztes
vorzüglich gelungen; ob das Antlitz
des ersteren das Porträtirgend einer
bestimmten Persönlichkeit ist, läßt
sich nicht leicht sagen; für uns ist
dies weniger wichtig, als die Schil-
derung des Charakters, der sich in
dem mitleidsvollen Gesichtsausdruck
aufs schönste offenbart.

Das zweite seitliche Relief stellt
die Seelenwägung dar (Abb. 46).
Von ihr erzählt die Legende: Es
war ein frommer Einsiedler, der
vernahm in einer Nacht einen ge-
waltigen und unheiligen Läcm in
den Lüften. Und als er hinschaute,
sah er vicle Teufel mit Schreien und
Jubeln dahinfahren. Er aber zwang
ihrer einen zu verweilen und ihm
den Grund ihrer Freude zu sagen.
Da sprach der böse Geist: Wir eilen
zum Sterbebctte des Kaisers Hein-
rich. Nun wollen wir seine Seele
holen, und Gott soll uns nicht zu-
vorkommen. So fuhr der Teufel
hinweg, der Einsiedel aber betete
innig, daß der üble Plan der Hölle
zuschanden werde. Zwei Tage ver-
gingen, so kamen die Teufel ihres
Weges zurück, mißmutig und still
und sprachen: Es ward ein Streit

Abb. 40 (Tert S. 21) Verlag L. Werner, München zwisthen UNs NNd deN Engeln, Wer

Figur des hl. Stephan von Ungarn (?)

Leichnam sei wirklich dort beigesetzt, und er habe
die Stätte nicht verlassen, wo er einst die Regel
seines Ordens geschrieben habe. Um dem zwei-
felnden Kaiser aber ein Zeichcn zu geben, rührte
ihm Benedikt die Seite an, öffnete sie, nahm den
Stein heraus und ließ die Wunde sogleich wie-
der heilen. Den Stein aber legte der Heilige in
des Kaisers Hand. Und als dieser erwachte, fand

Heinrichs Seele haben solle. Da
willigten wir endlich ein, daß auf
einer Wage alles Böse und Gute gewogen werde,
das der Kaiser in seinem Leben getan. Und wir
glaubten schon zu siegen, denn die Wage neigte
sich nach der Seite des Bösen. Da trat plötzlich
ein halbverkohlterHeiliger hinzu, das war St.Lau-
rentius, und trug in seiner Hand den Kelch, den
Heinrich einst dem Lorenzstifte zu Merseburg ge-
schenkt hatte. Denselben Kelch legte er in die
 
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