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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Doering, Oscar: Der Bamberger Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0042
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neueRombedeuten. Der
Grund ist klein gemu-
stert.

Aus den letzten Jah-
ren des Mittelalters
stammt ein Gobelin mit
schöner Randeinfassung
und neun Schilderun-
gen aus der Leidens-
geschichte des Herrn.

Vielleicht hat ein Bam-
berger Künstler, Paul
Lautensack, die Zeich-
nungen dazu angefer-
tigt. Recht interessant
ist auf diesem LLand-
teppiche die Darstellung
von zwei Dominikaner-
Nonnen, von denen eine
am Webstuhl arbeitet.

Der Kostbarkeit der
dem Dome gehörigen
Webereienstand einstdie
seiner vielen Bücher
nicht nach. Ein sehr
schönes und wertvolles
Evangelienbuch, das
aus dem Bamberger
Dom in die Münchener
Staatsbibliothek gekom-
men ist, gehört der Zeit
der ersten Domweihe an,
mag also wohl von Kai-
ser Heinrich geschenkt
worden sein; bestimmte
Nachricht darüber gibt
es freilich nicht. DieMa-
lereien sind von Künst-
lern des Klosters Rei-
chenau. Der Rückdeckel
ist mit Samt überzogen,
der Vorderdeckel aber
zeigt überaus geschmack-
volle und reiche Verzie-
rungen (Abb. 55). Jn-

nerhalb eines Rahmens ist er durch breite
Bänder in vier Felder geteilt. Rundgeschliffene
Edelsteine, Filigranfäden und getriebene Orna-
mente mit stilisierten Adlern und Löwen ver-
einigen sich zu wahrhaft vornehmer Harmonie.

Ein Prachtgeschenk Heinrichs II. an seinen
Dom ist ein Evangelienbuch, das jetzt der
Münchener Staatsbibliothek gehört (Abb. 56).
Der Kaiser hat aus seinen Schätzen mit ver-
schwenderischer Hand gespendet, um dieses Buch
ganz besonders auszuzeichnen. Eine staunens-
werte Fülle: Gold, Perlen, Edelsteine, Filigrane.
Bei aller Mannigfaltigkeit der Farben und Ver-
zierungen ist doch infolge fester Einteilung voll-
kommene Ruhe und Harmonie bewahrt. Der
breite Rahmen dient als Einfassung für das, was
dem Mittelalter das kostbarste dünkte: eine ge-

Abb. 57 <Te;t S. 36)

Evangclicnbuch Ottos III. 10. Jahrhundcrt

Phot. Richn L Tictze

schnitzte Etfenbeintafel. Sie zeigt die TaufeChristi.
Der Herr steht in dem Flusse, dessen Wellen in
einer dem Mittelalter eigentümlichen Art wie ein
Berg gezeichnet sind. Johannes überschüttet
Christi Haupt mit Wasser, ein Engel steht dabei,
das Gewand des Heilandes haltend. Aus der
Höhe schwebt die Taube des Heiligen Geistes
hernieder, und Gott streckt segnend seine rechte
Hand aus. Rechts und links erblickt man die
Halbfiguren von Sonne und Mond, darübcr
schwebende Engel. Die Zeichnung der Figuren,
ihrer Gewänder und Gesichter ist voll hoher Schön-
heit; man fühlt den Einfluß antiker Kunst. Das
Relief ist lothringische oder burgundische Arbeit
des ausgehenden 9., der Rahmen regensburgische
vom Schlusse des 10. Jahrhunderts.

Eine Evangelienhandschrift, die für Kaiser

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