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Abb. S8 (Text unten) Phot. Riehn L Tictze
Elfenbeinrclics (Tod Mariä) dcs EvangelicnbncheS Ottos III.
Otto III. angefertigt war und mit den übrigen
Gegenständen seines Kronschatzes in den Besitz
Heinrichs II. überging, zeigt auf ihrem überaus
kostbar geschmückten Vorderdeckel eine byzanti-
nische Elfenbcintafel mit der Dar-
stellung des Todes Mariä. Der
breite Rahmen um dieses Werk ist
aufs reichste mit Perlen und Edel-
steinen besetzt; unter letzteren befin-
den sich auch mehrere mit einge-
schnittenen Figuren und einer mit
einem erhaben gearbeiteten Brust-
bilde. Der Rahmen scheint Ende
des 10. Jahrhunderts in Metz ent-
standen zu sein (Abb. 57 u. 58).
Der Stadt Regensburg gab Hein-
rich II. den Vorzug; sie war sein
wichtigster Regierungssitz. So ist es
leicht zu verstehen, daß manches
wertvolle Vesitztum des Kaisers dort
entstanden ist.
War doch Regensburg auch eine
der leistungsfähigsten und einsluß-
reichsten Kunststätten des frühen
Miitelalters, besonders berühmt
durch seine herrlichen Buchmale-
reien. Als Heinrich demBamberger
Dome bei der Weihe 1012 wert-
volle Geschenke machte, gehörte zu
diesen auch das (jetzt in der Mün-
chener Staatsbibliothek befindliche)
Sakramentar. Das Buch ist ein
Erzeugnis des Rcgensburger Klo-
sters St. Emmeram. Kostbare Ma-
lereien enthält der Band; den Vor-
derdeckel schmückt ein Elfenbein-
relief. Man sieht oben die Kreuzi-
gung des Heilandes, unten die
Frauen am Grabe. Jesus wendet
sich gegen seine Mutter, während er
gleichzeitig den Stich der Lanze
empfängt, und aus der anderen
Seite ihm der Schwamm mit dem
Essig dargereicht wird. Trauernd
steht St. Johannes dabei. Sonne
und Mond schauen zu; entsprechend
dem Geschlechte ihrer lateinischen
Bezeichnungen (Solund Luna) zeigt
die Sonne ein männliches, der
Mond ein weibliches Antlitz. Dar-
über blicken Engel aus den Wolken.
Zu Füßen des Kreuzes, um dessen
Stamni stch die Sündenschlange
windet, entsteigen Tote ihren Grüf-
ten. Gegenüber der Wichtigkeit der
Kreuzigung tritt alles andere zu-
rück; daher ist die Gruppe unten in
etwas kleinerem Maßstabe gehalten.
Sehr schön ist der Rahmen mit dem
Akanthuslaub. Die kostbare Tafel
stammt aus Lothringen oder Bur-
gund, wo sie im 9. oder 10. Jahr-
hundert angefertigt worden ist. Den Rückdeckel
ziert eine aus Silber geschnittene, zum Teil ver-
goldete Darstellung des hl. Gregor, der das Sakra-
mentar schreibt (Abb. 61). Die Haltung der Figur
Abb. 59 (Text S. 37) Phot. Wilh. Kröner, Bamberg
Nomanisches Tragaltärchen. Ende 12. Jahrhunderts
Abb. S8 (Text unten) Phot. Riehn L Tictze
Elfenbeinrclics (Tod Mariä) dcs EvangelicnbncheS Ottos III.
Otto III. angefertigt war und mit den übrigen
Gegenständen seines Kronschatzes in den Besitz
Heinrichs II. überging, zeigt auf ihrem überaus
kostbar geschmückten Vorderdeckel eine byzanti-
nische Elfenbcintafel mit der Dar-
stellung des Todes Mariä. Der
breite Rahmen um dieses Werk ist
aufs reichste mit Perlen und Edel-
steinen besetzt; unter letzteren befin-
den sich auch mehrere mit einge-
schnittenen Figuren und einer mit
einem erhaben gearbeiteten Brust-
bilde. Der Rahmen scheint Ende
des 10. Jahrhunderts in Metz ent-
standen zu sein (Abb. 57 u. 58).
Der Stadt Regensburg gab Hein-
rich II. den Vorzug; sie war sein
wichtigster Regierungssitz. So ist es
leicht zu verstehen, daß manches
wertvolle Vesitztum des Kaisers dort
entstanden ist.
War doch Regensburg auch eine
der leistungsfähigsten und einsluß-
reichsten Kunststätten des frühen
Miitelalters, besonders berühmt
durch seine herrlichen Buchmale-
reien. Als Heinrich demBamberger
Dome bei der Weihe 1012 wert-
volle Geschenke machte, gehörte zu
diesen auch das (jetzt in der Mün-
chener Staatsbibliothek befindliche)
Sakramentar. Das Buch ist ein
Erzeugnis des Rcgensburger Klo-
sters St. Emmeram. Kostbare Ma-
lereien enthält der Band; den Vor-
derdeckel schmückt ein Elfenbein-
relief. Man sieht oben die Kreuzi-
gung des Heilandes, unten die
Frauen am Grabe. Jesus wendet
sich gegen seine Mutter, während er
gleichzeitig den Stich der Lanze
empfängt, und aus der anderen
Seite ihm der Schwamm mit dem
Essig dargereicht wird. Trauernd
steht St. Johannes dabei. Sonne
und Mond schauen zu; entsprechend
dem Geschlechte ihrer lateinischen
Bezeichnungen (Solund Luna) zeigt
die Sonne ein männliches, der
Mond ein weibliches Antlitz. Dar-
über blicken Engel aus den Wolken.
Zu Füßen des Kreuzes, um dessen
Stamni stch die Sündenschlange
windet, entsteigen Tote ihren Grüf-
ten. Gegenüber der Wichtigkeit der
Kreuzigung tritt alles andere zu-
rück; daher ist die Gruppe unten in
etwas kleinerem Maßstabe gehalten.
Sehr schön ist der Rahmen mit dem
Akanthuslaub. Die kostbare Tafel
stammt aus Lothringen oder Bur-
gund, wo sie im 9. oder 10. Jahr-
hundert angefertigt worden ist. Den Rückdeckel
ziert eine aus Silber geschnittene, zum Teil ver-
goldete Darstellung des hl. Gregor, der das Sakra-
mentar schreibt (Abb. 61). Die Haltung der Figur
Abb. 59 (Text S. 37) Phot. Wilh. Kröner, Bamberg
Nomanisches Tragaltärchen. Ende 12. Jahrhunderts