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Abb. Z4 Phot. Fr. Hansstacngl
Präsentiert das Gewchr
ausgesparten Lüfte darüber zu wölben: „Wie
schön wäre die Malerei ohne Luft und Wolken!"
und wie stimmungsreich wußte er diesen Zauber.
darüber zu breiten. Ein anderer namhafter Hexen-
meister suchte, wie er selbst versicherte, oor dem
„Lasieren seiner Landschaften" durch reichlichenGe-
nuß von — Buttermilch sich zu stärken! Und Spitz-
weg, der immer lustig-grämliche Sarkast, ließ die
Flügel seines Witzes hängen und fiel in Sorgen,
wenn er seine kleinen Bilder, die ihm während
der Arbeit so viele stille Freuden bereiteten, be-
nennen oder — verkausen sollte, so daß er sie
lieber großmütig — verschenkte! Was auf diesein
nicht ungewöhnlichen Wege, meist in vielfachen,
immer neu gebesserten Varianten und Wieder-
holungen in der weiten Welt spurlos verflog —
wer kann es zählen? Sein unermüdeter Fleiß
hätte einen anderen zum reichsten Mann gemacht.
Ein Halbdutzend unvergleichlicher, aus Dingen
der Unmöglichkeit, wie angeschwemmten Baum-
wurzeln, Schlingpflanzen, Vogelnestern und Pfei-
fenrohren und Firlefanz zusammenkonstruierter
Tischzier und Tafelaufsätze — die rastlose Arbeit
gleichalten Beziehungen zu Friedrich Pecht wohl
aus ähnlicher Temperatur. Daß Spitzweg die an-
fänglichenAntagonisten auf seinerStube vereinigte
— beide besuchten selbe an den sonntäglichen Vor-
mittagen — war ein wohldurchdachter diplomati-
scher Schachzug! So bildeten sie ein Trio, das sich
bisweilen neckte, aber niemals kratzte oder biß, ob-
wohl die Gelegenheit sich leicht ergeben hätte.
„Weil dem Ganzen jeder diente, schien keinem sein
Amt gering, ob er Hauptfiguren malte oder ob
er Farben rieb", und „Platz für alle hat die
Erde!" Von jenem Tage an zählteSchwinds Muse
einen uneingeschränkt vollen, verständnisinnigen
Freund und Bewunderer mehr.
Unbegreiflich, daß so viele Gelehrte und Künst-
ler mit imaginären Schwierigkeiten, mit Vorurtei-
len und Popanzen zu kämpfen haben. Der tief-
sinnige Naturphilosoph Gotthilf Heinrich
Schubert betrat manchen Tag seinen Lehr-
stuhl, von welchem er immerdar zündend, im freien
Vortrag, über die Ahnungen (er betonte und schrieb
jedoch nur „Ahndungen") der menschlichen Seele
sprach, mit leisem Angstgefühl und schwerem Be-
ben — wogegen er jedesmal seine geistverwandte
Gattin bat, die Dose reichlich mit Tabak zu fül-
len! Und welche psychische Unendlichkeit strahlte
dann aus seinen wunderbar glänzenden, forschen-
den Sehwerkzeugen, wovon.Clemens Brentano
sagte, Schubert schaue wie ein 'dem Weltei ebenent-
schlüpftes Hühnchen, ftaunend in die weiteften
Fernen. Eines gleich anregenden Mediums be-
diente sich der so reizende Architekturen schaffende
Michel Neher, wenn es galt, die immer längst
Abb. 3S (Text S. 21) Phot. Fr. Hansstacngl
Ein Stiindchcn noch vor Tag
Abb. Z4 Phot. Fr. Hansstacngl
Präsentiert das Gewchr
ausgesparten Lüfte darüber zu wölben: „Wie
schön wäre die Malerei ohne Luft und Wolken!"
und wie stimmungsreich wußte er diesen Zauber.
darüber zu breiten. Ein anderer namhafter Hexen-
meister suchte, wie er selbst versicherte, oor dem
„Lasieren seiner Landschaften" durch reichlichenGe-
nuß von — Buttermilch sich zu stärken! Und Spitz-
weg, der immer lustig-grämliche Sarkast, ließ die
Flügel seines Witzes hängen und fiel in Sorgen,
wenn er seine kleinen Bilder, die ihm während
der Arbeit so viele stille Freuden bereiteten, be-
nennen oder — verkausen sollte, so daß er sie
lieber großmütig — verschenkte! Was auf diesein
nicht ungewöhnlichen Wege, meist in vielfachen,
immer neu gebesserten Varianten und Wieder-
holungen in der weiten Welt spurlos verflog —
wer kann es zählen? Sein unermüdeter Fleiß
hätte einen anderen zum reichsten Mann gemacht.
Ein Halbdutzend unvergleichlicher, aus Dingen
der Unmöglichkeit, wie angeschwemmten Baum-
wurzeln, Schlingpflanzen, Vogelnestern und Pfei-
fenrohren und Firlefanz zusammenkonstruierter
Tischzier und Tafelaufsätze — die rastlose Arbeit
gleichalten Beziehungen zu Friedrich Pecht wohl
aus ähnlicher Temperatur. Daß Spitzweg die an-
fänglichenAntagonisten auf seinerStube vereinigte
— beide besuchten selbe an den sonntäglichen Vor-
mittagen — war ein wohldurchdachter diplomati-
scher Schachzug! So bildeten sie ein Trio, das sich
bisweilen neckte, aber niemals kratzte oder biß, ob-
wohl die Gelegenheit sich leicht ergeben hätte.
„Weil dem Ganzen jeder diente, schien keinem sein
Amt gering, ob er Hauptfiguren malte oder ob
er Farben rieb", und „Platz für alle hat die
Erde!" Von jenem Tage an zählteSchwinds Muse
einen uneingeschränkt vollen, verständnisinnigen
Freund und Bewunderer mehr.
Unbegreiflich, daß so viele Gelehrte und Künst-
ler mit imaginären Schwierigkeiten, mit Vorurtei-
len und Popanzen zu kämpfen haben. Der tief-
sinnige Naturphilosoph Gotthilf Heinrich
Schubert betrat manchen Tag seinen Lehr-
stuhl, von welchem er immerdar zündend, im freien
Vortrag, über die Ahnungen (er betonte und schrieb
jedoch nur „Ahndungen") der menschlichen Seele
sprach, mit leisem Angstgefühl und schwerem Be-
ben — wogegen er jedesmal seine geistverwandte
Gattin bat, die Dose reichlich mit Tabak zu fül-
len! Und welche psychische Unendlichkeit strahlte
dann aus seinen wunderbar glänzenden, forschen-
den Sehwerkzeugen, wovon.Clemens Brentano
sagte, Schubert schaue wie ein 'dem Weltei ebenent-
schlüpftes Hühnchen, ftaunend in die weiteften
Fernen. Eines gleich anregenden Mediums be-
diente sich der so reizende Architekturen schaffende
Michel Neher, wenn es galt, die immer längst
Abb. 3S (Text S. 21) Phot. Fr. Hansstacngl
Ein Stiindchcn noch vor Tag