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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Holland, Hyazinth: Karl Spitzweg
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0071
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Abb. 36 iText S. 21) Phot. F. Bruckmann A.-G.

Auf Postcn

eines halben Jahres — verschenkte, der an sich
geizende, nur für den Künstler-Unterstützungs-
Verein unermüdlich bedachte Sebastian Ha-
benschaden bei einem abendlichen Keller-
feste an einsichtige aber sonst kapitalkräftige Bewun-
derer seiner unvergleichlich subtilen Leistungen.
Der für sich anscheinend knausende, seine milde
Hand nur zu leicht öffnende Spitzweg, überrascht

durch ein großes Staatsstipendium, verzichtete
zugunsten anderer Berufsgenossen in nobelster
Stille. Es gibt in unergründlichen Steinwüsten
glänzenden Jaspis, bergtiefe Seen und See-
gewässer, deren Grund nie ein Taucher er-
forschte, auch der gewöhnliche Tourist, mit und
ohne Baedeker, hat davon keine Kunde. Nur
einsame Adler mit großen Fängen ziehen über
ihren Spiegel und sonnen sich im ewigen Äther.

Längere Zeit hauste Spitzweg im väterlichen
Heim bei seinem Bruder. Dann suchte er sich ein
Eigennest, freilich als sogenannter „Zimmer-
herr", im vierten Stock des Kausmann-Flad-
Hauses am sandreichen, damals aller landschaft-
lichen Reize cntbehrenden „Dultplatz", dessen
Beschaffenheit die „Flicgenden Blätter" in drei
Stimmungsbildern wahrhaft abschilderten: Jn
herbstlicher Regenzeit nur von einsamen Fischer-
kähnen, im Winter von Hundeschlitten besah-
ren, im Sommer von sandsturmverhüllten Ka-
melkarawanen durchstapft; zweimal im Jahre
aber von pfahlbauerlichcn Holzhütten umhegt,
in deren langen Zeilen die altbekannten „Dul-
ten", welche unter jahrmarkthastem Schauge-
präng von Kunstreitern, Zauberern, Feuer-
sressern und wilden Tiermenagerien, nebst den
obligaten Kasperl- und belebenden Pritscho-
nellen-Theatern, Hafnerwaren und duftigen Käse-
laibaufschneidern zu allgemeiner „Gaudi", nebst
dem gehörigen Gerstenschleimgebräu belebt wurden.
Das in jener Stillosigkeit der früheren Karlstor-
fassaden erbaute, mit vier Altanen übereinander
auf der Südseite geschmückte „Fladhaus", bot im
Jnneren nur eine auch im Sommer bis zur achten
Abendstunde mit kümmerlichen Ollampen erhellte,

Abb. 37 kText S. 26)

Wcltftieden

Phot. Fr. Hanfstlicngl
 
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