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Abb. 5Ü (Text S. 281 Ph°t. F. Bructmann A.-G.
Aschermittwoch im Turmvcrließ
Auch antike Metrik sucht er zu meistern:
Billig ist die Klassizität, auch jetzt noch soziemlich inEhren,
Unseren Firnis und Glanz kannten die Alten noch nicht!
Übrigens ivunderbar bleibt, wie doch dieMaler, die alten,
Ohne die Photographie brachten es wirklich so weit!
Nur im Schaffen findet er Freude und Glück
und im Bewußtsein, andere ergötzt zu haben, ohne
etwas bereuen zu müssen. Das schönste was der
Dichter singt, ist freilich nicht zu malen, ebenso-
wenig die Schöpfungen der Maler in Worte zu
bringen. Auch sonst erivägt er allerlei Probleme
in witziger Form:
Wart' allweil auf den Weisheitszahn;
Die andern fallen aus —
Jch denk, ich zieh mein' Pelzrock an
Und geh schön stad nach Haus!
Was hilft denn a dös Warten jetzt,
Dös Hersteh'n da im Schnee;
Da könnt i mi verkält'n z'letzt,
Dös g'scheitest ist — i geh!
Zur Einsicht bin i endlich g'langt.
Die krieg i nimmer — i —!
Allweil hat mir vor Weisheit bangt,
An' Zahn hat's g'habt auf mi!
Wer denkt dabei nicht gleich an den geistver-
wandten Ferdinand Raimund? — Eine
ganze Lebensphilosophie bietet die „Alpen-
fahrt":
Stets wandeln wir am Abgrund dicht,
Wo Tief und Duukel schrecken,
Aus dem ein Tod und letzt Gericht
Die Drachenhälse rccken!
Wir wandeln, ahnen nicht Gefahr,
So sorglos hin wie Kinder . . .
Da strauchelst du uud gleitest gar
Und glcitest ab geschwindcr.
„Jetzt gilt's!" Jst kcine Latsche da
An der du dich kannst halten?
Umfassen nicht, dem Sturze nah,
Dich rcttende Gestalten? . .
Humor, so heißt die Latsche schlicht,
Gleich Göttern hochgeborcn —
Erhaschst du sie im Glciten nicht,
Dann, Freund, bist du verloren!
Uud wie eiue Erinnerung an Herrn Walther
von der Vogelweide gemahnt es uns, der sich
selbst abgeschildert, in stiller Bergeinsamkeit
sttzend, einen Fuß über den anderen gelegt,
auf das Knie den Ellenbogen gestützt und die
eine Wange in die Hand geschmiegt, im tiefsten
Sinnieren und Denken, wie man zur Welt
sollte leben:
Jch mußte gleich wohl sinnen,
Wcnn ich auch nichts ersann;
Hab' lange so gesonnen,
Merk' nun, daß ich nichts kann,
Und komm' ans Lebcnscnde
Als Lchrling wieder an!
Die Tage, von denen geschrieben steht, daß sie
uns nicht gefallen, rückten immer näher und mach-
ten sich fühlbar. Die lange Wanderung durch den
Lebenswald lichtete sich, es stürzte ein Stamm
nach dem anderen, traute Freunde, die manch'
lustige Sommernacht durchjubelt und verträumt.
Die Fernsicht auf die große, das Jenseits abschlie-
ßende Alpenkette kam immer näher in Sicht. Leise
Ahnungen und Vorboten pochten mahnend an, die
wohllautend aus den folgenden Strophen klingen:
Die gelben Blätter schaukeln
Jm Sonnenstrahl, dem fahlen;
Nicht Amoretten gaukeln
Wie anno dazumalen.
Jn warmer Ofennähe,
Filzschuhe an den Füßen,
Erwart' ich still und spähe,
Was bald wird kommen müssen.
Doch will getrost ich wandern;
Und wird der Vorhang fallen,
So gönn' ich gerne andern,
Den Frühling neu zu malen!
Abb. 5Ü (Text S. 281 Ph°t. F. Bructmann A.-G.
Aschermittwoch im Turmvcrließ
Auch antike Metrik sucht er zu meistern:
Billig ist die Klassizität, auch jetzt noch soziemlich inEhren,
Unseren Firnis und Glanz kannten die Alten noch nicht!
Übrigens ivunderbar bleibt, wie doch dieMaler, die alten,
Ohne die Photographie brachten es wirklich so weit!
Nur im Schaffen findet er Freude und Glück
und im Bewußtsein, andere ergötzt zu haben, ohne
etwas bereuen zu müssen. Das schönste was der
Dichter singt, ist freilich nicht zu malen, ebenso-
wenig die Schöpfungen der Maler in Worte zu
bringen. Auch sonst erivägt er allerlei Probleme
in witziger Form:
Wart' allweil auf den Weisheitszahn;
Die andern fallen aus —
Jch denk, ich zieh mein' Pelzrock an
Und geh schön stad nach Haus!
Was hilft denn a dös Warten jetzt,
Dös Hersteh'n da im Schnee;
Da könnt i mi verkält'n z'letzt,
Dös g'scheitest ist — i geh!
Zur Einsicht bin i endlich g'langt.
Die krieg i nimmer — i —!
Allweil hat mir vor Weisheit bangt,
An' Zahn hat's g'habt auf mi!
Wer denkt dabei nicht gleich an den geistver-
wandten Ferdinand Raimund? — Eine
ganze Lebensphilosophie bietet die „Alpen-
fahrt":
Stets wandeln wir am Abgrund dicht,
Wo Tief und Duukel schrecken,
Aus dem ein Tod und letzt Gericht
Die Drachenhälse rccken!
Wir wandeln, ahnen nicht Gefahr,
So sorglos hin wie Kinder . . .
Da strauchelst du uud gleitest gar
Und glcitest ab geschwindcr.
„Jetzt gilt's!" Jst kcine Latsche da
An der du dich kannst halten?
Umfassen nicht, dem Sturze nah,
Dich rcttende Gestalten? . .
Humor, so heißt die Latsche schlicht,
Gleich Göttern hochgeborcn —
Erhaschst du sie im Glciten nicht,
Dann, Freund, bist du verloren!
Uud wie eiue Erinnerung an Herrn Walther
von der Vogelweide gemahnt es uns, der sich
selbst abgeschildert, in stiller Bergeinsamkeit
sttzend, einen Fuß über den anderen gelegt,
auf das Knie den Ellenbogen gestützt und die
eine Wange in die Hand geschmiegt, im tiefsten
Sinnieren und Denken, wie man zur Welt
sollte leben:
Jch mußte gleich wohl sinnen,
Wcnn ich auch nichts ersann;
Hab' lange so gesonnen,
Merk' nun, daß ich nichts kann,
Und komm' ans Lebcnscnde
Als Lchrling wieder an!
Die Tage, von denen geschrieben steht, daß sie
uns nicht gefallen, rückten immer näher und mach-
ten sich fühlbar. Die lange Wanderung durch den
Lebenswald lichtete sich, es stürzte ein Stamm
nach dem anderen, traute Freunde, die manch'
lustige Sommernacht durchjubelt und verträumt.
Die Fernsicht auf die große, das Jenseits abschlie-
ßende Alpenkette kam immer näher in Sicht. Leise
Ahnungen und Vorboten pochten mahnend an, die
wohllautend aus den folgenden Strophen klingen:
Die gelben Blätter schaukeln
Jm Sonnenstrahl, dem fahlen;
Nicht Amoretten gaukeln
Wie anno dazumalen.
Jn warmer Ofennähe,
Filzschuhe an den Füßen,
Erwart' ich still und spähe,
Was bald wird kommen müssen.
Doch will getrost ich wandern;
Und wird der Vorhang fallen,
So gönn' ich gerne andern,
Den Frühling neu zu malen!