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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Holland, Hyazinth: Karl Spitzweg
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0081
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34

Abb. 5S

Phot. F. BruSmaim A.-G.
Wcm Gott will rechte Gunst erweisen

Die eben so viel belobte wie geschmähte
„Frau Welt", die auch den Meister nie
verwöhnt hatte, nahm ihn nun in ihre
Huld. Sie schrieb auf ihren Schild seinen
Namen; alsbald war dieser, wie sich der
einfache Mann gewiß nie erwartethätte,
in aller Mund. Eine Ausstellung von
dritthalbhundcrt sorgsam vollendeten, teils
in Galerien, Privatbesitz oder in Spitz-
wegs Nachlaß befindlichen Werken, hielt
von München aus über Berlin, Köln,
Dresden, Frankfurt, Leipzig,Prag,Stutt-
gart, Wien usw. ihren Triumphzug und
gewann ihm überall neue Freunde. Stadt-,
Staats- und andere Sammlungen streb-
ten ihre Lücken zu ergänzen, wozu Auk-
tionen aller Art das begierig gesuchte
Material boten. Summen wurden er-
erzielt, deren Zinsen der stille Mann im
voraus in Dezennien nie erreicht hatte.

Auch von ihm gilt Rückerts Wort:

Manches macht' ich wohl wie andere,
Manches macht' ein anderer Mann
Besser aber manches macht' ich,

Was kein anderer machen kann.

Von der zahllosen biographischen Lite-
ratur sci hier nur kurz erinnert an Pechts
Nachruf in Beil. 282, „Allgem. Ztg.",
11. Oktober 1885, und in dessen „Ge-
schichte der Münchener Kunst", 1888,
S. 154. Regnet, Münchener Künstler,
1871, II., 286 ff., und in Lützows Zeit-
schrift,XX.,77—82. GrafSchack, „Meine
Gemälde-Galerie", 1881, S. 189-91.

Noch am 16. September hatte Spitzweg in ver-
blümter Heiterkeit einen Brief an den in Meran
sommerfrischelnden Pecht geschrieben. Als am
folgenden Abend die Pflegerin von einer kurzen
Besorgung zurückkam, fand sie „ihren Herrn",
welchen sie kurz vorher bei Lampenlicht lesend
verlassen hatte, schlagbetäubt am Boden. So
schlummerte er, wie es schien ziemlich schmerzlos,
aber ohne hell wiederkehrendes Bewußtsein, am
23. September 1885 hinüber, ganz nach seinem
sehnlichen Wunsche:

Oft denke ich an den Tod, den herben,

Und wie am End' ich's ausmach'?!

Ganz sanft im Schlafe möcht' ich sterben —

Und tot sein, wenn ich aufwach'!

Wir schließen mit dem Wunsche eines mittel-
hochdeutschen Dichters: „Seine Seele möge wohl
fahren und habe Dank für alle Werke seiner hold-
seligen Kunst." Sehr schön sprach der schlesische
Dichter Friedrich von Logau (1604—55):

„Das Weinen ist die erste Kunst,

Die lächelnd uns das Leben lehrt —

So lehr' es lächeln uns zuletzt,

Wenn es sich Weinend von uns kehrt!"

Abb. 54

Phot. F. Bruckmann A.-G.

Wasserträgerin
 
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