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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Fäh, Adolf: Velasquez
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0104
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Abb. 23 iTert S. 21) MädchcnbildniL Phot. Hansstacngl

(Madrid. Prado)

Betrachtenden den Rücken zwvenden, und der
mit den Pferden beschäftigte Jagdtroß. Auf
einem kleinen Raum sind über hundert Figuren
zusammengedrängt. Von Eichen bewachsene
Höhen umschließen den Jagdgrund. Die gelben
Sandslächen glitzern aus dem dunkeln Grün der
Bäume. Der leicht bewölkte blaue Himmel
wölbt sich über der heitern Gesellschaft.

Unter den zahlreichen Einzelbildnissen im
Jägerkostüme wählen wir dasjenige des Prinzen
Don Balthasar Carlos (Abb. 14). Als sechs-
jähriger Knabe ist der Weidmann dargestellt.
Über dem Jagdanzuge mit den Stieseln und
Lederhandschuhen ist ein weißer Kragen sichtbar.
Auf dem Kopse ruht die stark zurückgeschobene
Blütze. Kühn hält er mit der Rechten die auf
den Boden gestützte Büchse. Ein Windhund
staunt seinen kleinen Herrn an, während ein
Hühnerhund sich müde hingestreckt hat. Neben
dem Prinzen erhebt sich trotzig eine Eiche,
in deren Zweigen die Sonnenstrahlen durch-
blitzen. Höhenzüge mit einem Städtchen an
deren Fuß begrenzen den Horizont. Alles atmet
jugendliche Freude, die aus dem frischen Antlitze
mit seinen hellen Augen uns entgegenleuchtet.

Den Jägerbildnissen schließt sich das herrliche
männliche Porträt in Dresden an (Abb.13).

Der energische Kopf über dem durch-
furchten Hals entwächst der mächtigen
Brust, die Hände fassen die Mantelenden,
die Linke stützt den Degen, während im
Gürlel der Dolch blitzt. Aus dem dunkeln
Grunde ist der fahle gelbliche Kopf mit
markanten Strichen trefflich herausmodel-
liert. Man betrachte diese Stirne, von
den dünnen Haupthaaren und den buschi-
gen Augenbrauen begrenzt, unter der
energischen Nase den grauen, wenig ge-
pflegten Schnurrbart, den Mund, uni den
Mißmut und etwas Arger spielt, so er-
kennt man einen Mann, dessen Befehle
genau zu vollziehen sind, da er ihnen
nachhaltigen Eindruck verschaffen kann.
Man vermutet in diesem Bildnisse eine
Darstellung des gefürchteten Oberjäger-
meisters Juan Mateos.

VII. Religiöse Werke. Aus der

Zeit des Ma'drider Aufenthaltes stam-
men zwei religiöse Darstellungen, in denen
Velazquez' Eigenart die Anforderungen
und Vorschristen für ein tieferbauendes
Werk künstlerisch vorzüglich zu vereinigen
verstand. Der Gekreuzigte (Abb.17),den
man etwas drastisch „eine Elfenbein-
schnitzerei auf schwarzsamtenem Leichen-
tuch" genannt hat, ist in einsamer Todes-
nacht dargestellt. Der jugendliche Körper,
ohne die Spuren der erduldeten Miß-
handlungen, ruht auf dem Stützbrett.
Das dornengekrönte Haupt ist tief ge-

Abb. 21 (Tcxl S. 21) Mädchcnbildniffc Phot. Hansstacngl

(London, George Donaldson)

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