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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Fäh, Adolf: Velasquez
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0122
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35

Mit dem Selbstbewußtsein eines Eraberers blickt
der Held auf die voi: ihm besiegte Welt nieder,
deren Fahne er mit Füßen tritt. Del Borro
stand im Dienste des Kaisers Ferdinand III.
bei dessen Einfall in den Kirchenstaat. Die weiß-
rote Fahne mit den goldnen Bienen würde in
der Tat auf Papst Urban VIII. hinweisen. Der
Künstler hat das „wunderliche Wesen" und die
„überspannte Peinlichkeit" dieses Söldnerführers
in vorzüglicher, humoristisch wirkender Weise be-
tont. Einen ferneren Schritt beobachten wir in
der Darstellung der Hofnarren und Zwerge, die
uns nicht bloß, wie in den „lusirliraö", als unter-
haltende Beigabe zur Hosgesellschaft, sondern in
eigenen Gemälden begegnen.

Die uns heute so fremd berührende Sitte, diese
Wesen am Hofe zu halten, ist dem klassischen
Altertum nicht unbekannt. Durch die Kreuzzüge
gelangte sie an die europäischen Höfe, wo sie erst
die französische Reüolution verschwinden ließ.
Dem Ernste und dem steifen Zeremoniell der Re-
sidenz gegenüber dienten sie mit ihren Jmprovi-
sationen zur Unterhaltung und Erheiterung.

Der lange hagere Ferdinand Cordez erscheint
als Don Juan de Austria, als der Sieger von
Lepanto (Abb. 47). Die Rechte hält einen Stab,
die Linke ruht aus dem Schwertgriff. Jn Seide
und Samt gekleidet, auf dem Kopfe den hohen

Abb. 58 (Texl untcn) Phot. Bructmnn»

Der Zwerg Sebastian de Morra (Madrid, Prado)

Abb. 4g (Tert S. 36) Phot. Bruclmann

Dcr Zwerg Don Antonio cl JngleZ. (Mc,drid, Prado)

Federhut, hat er eben die Waffenstücke zu
seinen Füßen, Harnisch, Büchse und Helm
abgelegt, Bombe und Kanonenkugeln liegen
dabei. Jm Hintergrunde ist die Seeschlacht
leicht angcdeutet. Nun ist der Sieger bereit,
die Huldigungen entgegenzunehmen. Male-
risch, im Zusammenklange der verwendeten
Farben ersieht man sofort das Meisterwerk
eines großen Künstlers. Jm Pablillos de Bal-
ladolid (Abb. 48) erkennen wir einen Ko-
miker der Bühne. Er hält den über die
Schultern und den Leib gezogenen Mantel,
die Rechte ist mit nach unten weisender Geste
ausgestreckt. Der Kopf mit der niedrigen
Stirn und den stark betonten Backenknochen
ist herausfordernd nach den Zuhörern gerich-
tet, deren Beifall er erwartet. Vom hell-
grauen Hintergrund hebt sich die in Schwarz,
Braun und Weiß gehaltene Gestalt vortreff-
lich ab. Die Hände stnd mit großer Sorgfalt
modelliert.

Unter den sünf Zwergen im Prado-Museum
zu Madrid erwähnen wir den als Sebastian
de Morra bezeichneten (Abb. 50). Der Vier-
schrötige hat auf dem Boden Platz genommen.
Der struppige Kopf blickt frei hinaus, jedem
Nahenden scheint er eine gute Dosis Grob-
heit bereit zu halten. Die verlürzten Beine
sind parallel ausgestreckt, die einwärts ge-
drückten Hände stützen sich auf die Schenkel.
Allein trotz der abstoßenden Erscheinung
müssen wir das Werk des Künstlers bewun-
 
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