37
Abb. 53 (Texl unlen) Äsop. Ausschnilt aus Abb. 52 Phot. Bruckrnann
Rechte hält den Schweinslederband mit den äso-
pischen Fabeln. Ein Kübel mit Wasser und einem
Waschtuche und armseliges Hausgerät vervollstän-
digen die Einrichtung des Dichters. Dennoch
zieht uns dieser glattrasierte Kopf an (Bild53).
Struppige Haare umrahmen die Züge, aus denen
ernste Beobachtung spricht. Die müden Augen
haben manche Enttäuschung erlebt, aber mitleids-
volles Wohlwollen gegen die Menschheit haben
auch Not und Entbehrung nicht unterdrückt.
Jn den letzten Werken wendet sich der Künstler
wieder religiösen Gegenständen zu. Für das
Privatoratorium der Königin Marianne wurde
die Darstellung „Mariä Krönung" (Abb. 55) ge-
wünscht. Auf dem von einem Engel und Engels-
köpschen belebten Wolkenthrone sitzt die Jungfrau,
die Rechte auf die Brust legend, die Linke leicht
ausgestreckt. Die Figur mit den niedergeschla-
genen Augen ist etwas idealisiert, aber die Er-
innerung an das Modell ist nicht verwischt. Chri-
stus mit dem Zepter zeigt wieder auf der einen
Seite die langen herabfallenden Haupthaare.
Gottvater mit seinem kahlen Greisenhaupt trägt
die Weltkugel in der Linken. Die göttlichen Per-
sonen halten ein Rosenkränzlein
über der Madonna. Höher schwebt
im Lichtglanze das Sinnbild des
Hl. Geistes, die Taube. Trotz
der Mühe, die sich der Künstler
kosten ließ, ein religiös erbauen-
des Werk zu schaffen, erreichte
er sein Ziel nicht vollkommen-
Auch die Faltenmassen in der Ge-
wandung der beiden göttlichen
Personen sind zu schwer, ihre
Farben Biolett und Purpur har-
monieren nicht vollkommen mit
dem Rot und Blau des Unter-
kleides und Mantels der Mutter
Gottes.
Für die Kapelle des Parkes
von Buen Netiro schuf der Künst-
ler sein letztes religiöses Werk:
„Die hl. Einsiedler Antonius und
Paulus" (Abb. 54), d. h. der Be-
such des hl. Antonius beim hl. Pau-
lus in der thebäischen Wüste.
Paulus, der neunzig seiner hun-
dertdreizehn Lebensjahre als Ein-
siedler strenge Buße geübt hatte,
sitzt ncit erhobenen Händen, Gott
dankend, vor seinem Gaste; denn
in der Höhe erblickt er den Raben,
der nicht, wie gewohnt, ein hal-
bes, sondern heute ein ganzes Brot
den frommen Greisen überbringt.
Sonnige Helle verklärt die welken
Züge. Antonius streckt staunend
über die Jnbrunst seines beten-
den Freundes die Hände aus.
Die Schrecken der Wüste sind durch
den die Mitte des Bildes über-
ragenden Felskoloß angedeutet, dessen graubraune
Flächc eine von Efeu umschlungene Silberpappel
bricht. Jn der Ferne dehnen duftige Höhenzüge
mit spärlichem Baumwuchs unter dem bewölkten
Himmel sich aus. Trotzdem der hl. Vorgang
etwas zur Staffage der Landschaft herabgedrückt
wurde, sind in diese, wie dies im späteren Mittel-
alter häusig der Fall, weitere legendarische Szenen
aufgenommen worden: Jn der Ferne begegnet
ein Faun dem hl. Antonius, rechts in der
Tiefe ersucht er um Einlah an der Zelle seines
Freundes, links betet er die Sterbegebete über
den verstorbenen Freund, dessen Grab die Lö-
wen öffnen.
Als Schloßmarschall hatte Velazquez die Reise
des Königs nach den Pyrenäen im Frühjahr 1660
vorzubereiten und zu überwachen. Fand doch dort
eine Begegnung mit Ludwig XIV. statt, dem
Philipp IV. seine Tochter aus erster Ehe als
Braut zusührte. Die Anstrengungen der mehr als
zweimonatlichen Reise setzten dem Künstler so
sehr zu, daß er, nach Hcmse zurückgekehrt, am
Fieber erkrankte und am 6. August sein frucht-
bares Leben abschloß. Jn der Pfarrkirche des
Abb. 53 (Texl unlen) Äsop. Ausschnilt aus Abb. 52 Phot. Bruckrnann
Rechte hält den Schweinslederband mit den äso-
pischen Fabeln. Ein Kübel mit Wasser und einem
Waschtuche und armseliges Hausgerät vervollstän-
digen die Einrichtung des Dichters. Dennoch
zieht uns dieser glattrasierte Kopf an (Bild53).
Struppige Haare umrahmen die Züge, aus denen
ernste Beobachtung spricht. Die müden Augen
haben manche Enttäuschung erlebt, aber mitleids-
volles Wohlwollen gegen die Menschheit haben
auch Not und Entbehrung nicht unterdrückt.
Jn den letzten Werken wendet sich der Künstler
wieder religiösen Gegenständen zu. Für das
Privatoratorium der Königin Marianne wurde
die Darstellung „Mariä Krönung" (Abb. 55) ge-
wünscht. Auf dem von einem Engel und Engels-
köpschen belebten Wolkenthrone sitzt die Jungfrau,
die Rechte auf die Brust legend, die Linke leicht
ausgestreckt. Die Figur mit den niedergeschla-
genen Augen ist etwas idealisiert, aber die Er-
innerung an das Modell ist nicht verwischt. Chri-
stus mit dem Zepter zeigt wieder auf der einen
Seite die langen herabfallenden Haupthaare.
Gottvater mit seinem kahlen Greisenhaupt trägt
die Weltkugel in der Linken. Die göttlichen Per-
sonen halten ein Rosenkränzlein
über der Madonna. Höher schwebt
im Lichtglanze das Sinnbild des
Hl. Geistes, die Taube. Trotz
der Mühe, die sich der Künstler
kosten ließ, ein religiös erbauen-
des Werk zu schaffen, erreichte
er sein Ziel nicht vollkommen-
Auch die Faltenmassen in der Ge-
wandung der beiden göttlichen
Personen sind zu schwer, ihre
Farben Biolett und Purpur har-
monieren nicht vollkommen mit
dem Rot und Blau des Unter-
kleides und Mantels der Mutter
Gottes.
Für die Kapelle des Parkes
von Buen Netiro schuf der Künst-
ler sein letztes religiöses Werk:
„Die hl. Einsiedler Antonius und
Paulus" (Abb. 54), d. h. der Be-
such des hl. Antonius beim hl. Pau-
lus in der thebäischen Wüste.
Paulus, der neunzig seiner hun-
dertdreizehn Lebensjahre als Ein-
siedler strenge Buße geübt hatte,
sitzt ncit erhobenen Händen, Gott
dankend, vor seinem Gaste; denn
in der Höhe erblickt er den Raben,
der nicht, wie gewohnt, ein hal-
bes, sondern heute ein ganzes Brot
den frommen Greisen überbringt.
Sonnige Helle verklärt die welken
Züge. Antonius streckt staunend
über die Jnbrunst seines beten-
den Freundes die Hände aus.
Die Schrecken der Wüste sind durch
den die Mitte des Bildes über-
ragenden Felskoloß angedeutet, dessen graubraune
Flächc eine von Efeu umschlungene Silberpappel
bricht. Jn der Ferne dehnen duftige Höhenzüge
mit spärlichem Baumwuchs unter dem bewölkten
Himmel sich aus. Trotzdem der hl. Vorgang
etwas zur Staffage der Landschaft herabgedrückt
wurde, sind in diese, wie dies im späteren Mittel-
alter häusig der Fall, weitere legendarische Szenen
aufgenommen worden: Jn der Ferne begegnet
ein Faun dem hl. Antonius, rechts in der
Tiefe ersucht er um Einlah an der Zelle seines
Freundes, links betet er die Sterbegebete über
den verstorbenen Freund, dessen Grab die Lö-
wen öffnen.
Als Schloßmarschall hatte Velazquez die Reise
des Königs nach den Pyrenäen im Frühjahr 1660
vorzubereiten und zu überwachen. Fand doch dort
eine Begegnung mit Ludwig XIV. statt, dem
Philipp IV. seine Tochter aus erster Ehe als
Braut zusührte. Die Anstrengungen der mehr als
zweimonatlichen Reise setzten dem Künstler so
sehr zu, daß er, nach Hcmse zurückgekehrt, am
Fieber erkrankte und am 6. August sein frucht-
bares Leben abschloß. Jn der Pfarrkirche des