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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Kosch, Wilhelm: Ferdinand Georg Waldmüller
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0132
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besten getan hätte, einzig und allein
der Kunst sich zu verloben.

Er ging immer und überall seinen
eigenen Weg, ohne den Rat eines an-
deren zu erbitten. Schon in seiner
Ausbildung verschmähte er einen regel-
rechten schulmäßigen Gang. Der La-
teinschule frühzeitig entwichen, der
Akademie der bildenden Künste vor-
zeitig entronnen, suchte er, so gut es
ging, selbständig zu studieren. Noch
lange kein Meister, trachtete er um
jeden Preis, ein Meister zu werden.

„Mächtig regte sich in mir," so
lesen wir in einer seiner Schriften,
„der Trieb zu künstlerischer Entwick-
lung; ein dunkles Sehnen und Ahnen
schwellte meine Brust, ich wollte das
Bessere, ich strebte nach dem Höheren,
noch wußte ich nicht, auf welchem
Wege das Ziel zu erreichen sei, noch
war mir die höhere Weihe der Kunst
das verschleierte Bild zu Sais. Jch
glaubte das Heil zu finden, wenn ich
in der Kaiserl. Galerie zu kopieren
begänne. Wie es noch bisher bei
allen Kunstzweigen gegangen war, in

Abb. 7 (Tcxl S. 16) Phot. Bruclmann

Madchenbildnis

waren im allgemeinen wandernde
Schmieren, was natürlich nicht aus-
schloß, daß ab und zu hervorragende
Begabungen in ihrer Mitte er-
blühten.

Selbstlos teilte Waldmüller als
TheaterdekorationsmalerdasSchick-
sal dieser Truppe, indem er mit ihr
von Ort zu Ort umherzog, sich durch
das Malen der Porträts von aller-
hand Gemeindegrößen der besuchten
Städte und Städtlein ein kärgliches
Brot verdienend.

So vergingen abermals drei kost-
bare Jahre, bis er endlich 1817,
als seiner Gattin die Anstellung an
der Kaiserlichen Hofoper gelungen
war, seine Vaterstadt wiedersah. Ob
seine Frau des inzwischen geleiste-
ten Opfers würdig gewesen ist,
kann bezweifelt werden, denn die
Ehe gestaltete sich in der Folge
immer unglücklicher, bis sie wahr-
scheinlichnach1823geschiedenwurde.
Doch wir wollen über die heiklen
Ereignisse im Familienleben Wald-
müllers kein Urteil fällen, sondern
lieber an Stifters Worte denken:
„Genies und Narren sollen nicht
heiraten." Unser Künstler war ein
solches Genie, das vielleicht am

Abb. 8 (Tcxt S. U>> Phot. Bructmann

Bildnis einer Frau Schaumburg
 
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