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Abb. 10 (Tert S. 1k)
Bildnis dcs Schiffmcistcrs Fcldmullcr von Perscnbcug
denen ich mich versucht hatte, so gelang es mir, auch
mit diesen Kopien Beifall zu finden. Ein Prioat-
mann mit nicht ungeübtem Blicke — es war der
Kunstfreund Wieser — glaubte in diesen Kopien
einen Geist zu erkennen, welcher der Aufmun-
terung nicht unwürdig sei, und gab mir Aufträge
zu ferneren Arbeiten dieser Art. Jch kopierte
mehrere der besten Werke sowohl der Kaiserl.
Galerie als anderer Gemäldesammlungen, sowie
einige aus der Dresdener Galerie. Auf diese
Weise beschäftigte fch mich abermals fünf Jahre,
dann hörten die Aufträge auf und ich stand wie-
der auf dem alten Punkte. Allerdings durfte
ich mir selbft gestehen, ich sei ein ziemlich ge-
wandter Techniker geworden, aber der Geist, der
schöpserifche Geist, der eigentlich das Kunstwerk
zu einem solchen stempelt, hatte mir noch nicht
gelächelt. Jch fühlte seine Mahnung, aber es
sehlte die Kraft, mich emporzuschwingen. Was
ich bisher geübt — ich konnte es mir nicht
verhehlen — war nur ein Versuch des Jkarus
gewesen. Die wächsernen
Flügel zerschmolzen vor
dem Strahl der Sonne."
Jn der Tat, gerade
seine Kopien von Land-
schaften Ruisdaels, reli-
giösen Bildern Coreg-
gios und van Dhcks,
Genrebildern der Nieder-
länder Mieris und Ge-
nossen ließen Waldmüller
erkennen, wie viel ihm
uoch fehlte, um sich den
großen eigenartigen Mei-
stern der Vergangenheit
würdig anreihen zu kön-
nen. Jmmerhin zeigte sich
in diesen Nachbildungen,
die den strebenden Künst-
lerbereits an die Schwelle
seiner Reifezeit führen,
die Klaue des Löwen.
Die Porträts vor
einem Jahrhundert wa-
ren regelmäßig mit einem
landschaftlichen Hinter-
grund verbunden. Wald-
müller, der die längste
Zeit als Bildnismaler
seinen kärglichen Unter-
halt bestritt, mußte sich
anfangs dazu bequemen,
in die von anderen Künst-
lern entworfenen Natur-
studien die gewünschten
Porträts seiner Auftrag-
geber hineinzumalen oder
die von ihm besorgte Ar-
beit einem Landschafts-
maler zur letzten Ausfüh-
rung einzuhändigen. Das
zwang ihn, selbst allmählich die Natur abzukonter-
feien, wollte er nicht immer und immer wieder sich
von den Landschaftern Raum und Stellung für die
zu porträtierenden Persönlichkeiten kommandieren
oder durch einen von fremder Hand nachträglich
hergestellten Naturhintergrund die Einheitlichkeit
der Stimmung und des Ausdrucks zerstören
lassen. Sein Wirklichkeitssinn ward dadurch we-
sentlich geschärft, und die Niederländer gaben
ihm die besten Fingerzeige anf dem neuen Wege.
Jn den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhun-
derts trat Waldmüller mit seinen Bildern, zu-
nächst Porträts, dann Genrestücken, als Aussteller
an die Wiener Offentlichkeit. Sein Ruf wuchs
zusehends. Nachdem er in Dresden und München
durch die innige Betrachtung bedeutender Vor-
bilder neue Anregung empfangen hatte, stand er
mit einem Mal nahe dem Gipfel seiner Meister-
schaft. Aus eigener Kraft schwang er sich zur
höchsten Stufe künstlerischen Könnens empor.
1830 wurde Waldmüller zum ersten Kustos
Phot. Bruckmann
Abb. 10 (Tert S. 1k)
Bildnis dcs Schiffmcistcrs Fcldmullcr von Perscnbcug
denen ich mich versucht hatte, so gelang es mir, auch
mit diesen Kopien Beifall zu finden. Ein Prioat-
mann mit nicht ungeübtem Blicke — es war der
Kunstfreund Wieser — glaubte in diesen Kopien
einen Geist zu erkennen, welcher der Aufmun-
terung nicht unwürdig sei, und gab mir Aufträge
zu ferneren Arbeiten dieser Art. Jch kopierte
mehrere der besten Werke sowohl der Kaiserl.
Galerie als anderer Gemäldesammlungen, sowie
einige aus der Dresdener Galerie. Auf diese
Weise beschäftigte fch mich abermals fünf Jahre,
dann hörten die Aufträge auf und ich stand wie-
der auf dem alten Punkte. Allerdings durfte
ich mir selbft gestehen, ich sei ein ziemlich ge-
wandter Techniker geworden, aber der Geist, der
schöpserifche Geist, der eigentlich das Kunstwerk
zu einem solchen stempelt, hatte mir noch nicht
gelächelt. Jch fühlte seine Mahnung, aber es
sehlte die Kraft, mich emporzuschwingen. Was
ich bisher geübt — ich konnte es mir nicht
verhehlen — war nur ein Versuch des Jkarus
gewesen. Die wächsernen
Flügel zerschmolzen vor
dem Strahl der Sonne."
Jn der Tat, gerade
seine Kopien von Land-
schaften Ruisdaels, reli-
giösen Bildern Coreg-
gios und van Dhcks,
Genrebildern der Nieder-
länder Mieris und Ge-
nossen ließen Waldmüller
erkennen, wie viel ihm
uoch fehlte, um sich den
großen eigenartigen Mei-
stern der Vergangenheit
würdig anreihen zu kön-
nen. Jmmerhin zeigte sich
in diesen Nachbildungen,
die den strebenden Künst-
lerbereits an die Schwelle
seiner Reifezeit führen,
die Klaue des Löwen.
Die Porträts vor
einem Jahrhundert wa-
ren regelmäßig mit einem
landschaftlichen Hinter-
grund verbunden. Wald-
müller, der die längste
Zeit als Bildnismaler
seinen kärglichen Unter-
halt bestritt, mußte sich
anfangs dazu bequemen,
in die von anderen Künst-
lern entworfenen Natur-
studien die gewünschten
Porträts seiner Auftrag-
geber hineinzumalen oder
die von ihm besorgte Ar-
beit einem Landschafts-
maler zur letzten Ausfüh-
rung einzuhändigen. Das
zwang ihn, selbst allmählich die Natur abzukonter-
feien, wollte er nicht immer und immer wieder sich
von den Landschaftern Raum und Stellung für die
zu porträtierenden Persönlichkeiten kommandieren
oder durch einen von fremder Hand nachträglich
hergestellten Naturhintergrund die Einheitlichkeit
der Stimmung und des Ausdrucks zerstören
lassen. Sein Wirklichkeitssinn ward dadurch we-
sentlich geschärft, und die Niederländer gaben
ihm die besten Fingerzeige anf dem neuen Wege.
Jn den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhun-
derts trat Waldmüller mit seinen Bildern, zu-
nächst Porträts, dann Genrestücken, als Aussteller
an die Wiener Offentlichkeit. Sein Ruf wuchs
zusehends. Nachdem er in Dresden und München
durch die innige Betrachtung bedeutender Vor-
bilder neue Anregung empfangen hatte, stand er
mit einem Mal nahe dem Gipfel seiner Meister-
schaft. Aus eigener Kraft schwang er sich zur
höchsten Stufe künstlerischen Könnens empor.
1830 wurde Waldmüller zum ersten Kustos
Phot. Bruckmann