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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Kosch, Wilhelm: Ferdinand Georg Waldmüller
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0142
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Abb. 2l (Text S. 19) Mühle im Walde Phot. Frz. Hanfstaengl

dem Zeitalter Rembrandts und mit den flatter-
haften eleganten Stutzern des Rokoko kaum etwas
gemein. An der Donau ging es allenthalbeu be-
scheidener, einfacher, mäßiger, ruhiger zu als
unter den feurigeren Menscheu in Brabant und
Paris. Lediglich die strenge Naturtreue der
Niederländer, ihre Lebenswahrheit, ihren Wirk-
lichkeitssinn übernahm er.

Mit Vorliebe ergehen sich Waldmüllers Ge-
schöpfe im Wiener Wald, in den Bergen und an
den Seen der österreichischen Voralpen. Jn seinen
Genrebildern spielt, um ein Wort Berggruens
zu gebrauchen, die Landschaft immer eine große
Rolle; mitunter wird sie jedoch bedeutender als
die fast zur bloßen Staffage herabsinkenden Fi-
guren; ja, angesichts einzelner rein landschaft-
licher Schilderungen Waldmüllers bedauert man
geradezu, daß der Meister sich nicht vornehmlich
auf dieses Gebiet geworfen habe. Die Viel-
seitigkeit seiner genialen Begabung tritt in
seinen Bildnissen zutage, ferner in den Blumen-
stücken und Stilleben, die er teils selbständig,
teils in Verbindung mit dem Porträt recht zahl-
reich angefertigt hat; selbst wo gelegentlich eine
Architektur anzubringen ist, geschieht dies mit

aufsallender Leichtigkeit und Meisterschaft. Auch
die Wicdergabe von Tieren gelingt ihm völlig,
und man kann wohl sagen, daß er auf jedem
Gebiet der Malerei, das besonders treue Natur-
nachahmung fordert, sich hat hervortun können.

1830 hatte Waldmüller eine Studienreise nach
Frankreich und Jtalien unternommen. Was er in
Paris sah, die damals blühende Malerei eines
Delacroix und Ary Scheffer, erregten zwar seine
Bewunderung, doch erkannte er gleichzeitig die
großen Unterschiede zwischen der französischen
Romantik und seiner deutsch-österreichischen, alles
Blendende, Phantastische, Überschwengliche deut-
lich ablehnenden, durchaus bodenständigen Kunst,
die, wie Stifter es so unvergleichlich schön zum
Ausdruck bringt, im Kleinen das wahrhaft Große
sah. Ebenso blieb Waldmüller in Jtalien, das
er 1825 zum erstenmal und in der Folge etwa
zwanzigmal besuchte, sich selbst und seiner Über-
zeugung treu. An den unsterblichen Meisterwerken
der Klassiker aus dem Altertum und der Renais-
sance, Statuen und Bildern, konnte er sich nicht
sattsehen. Aber einen lebendigen Einfluß übten
diese Schöpfungen auf seine künstlerische Entwick-
lung nicht aus. Er blieb, der er war, eigen-
 
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