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Die Kunst dem Volke <München> — 1916 (Nr. 25-28)

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Kosch, Wilhelm: Ferdinand Georg Waldmüller
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https://doi.org/10.11588/diglit.21067#0143
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Abb. 22 (Teit S, 28)

Dcr Morgmgruß

wüchsig bis ans Ende, nur von der ihn umgeben-
den Natur beeinflußt. Technisch mochte er von
seinen Vorbildern manches lernen, in
der Ausfassung dagegen übten sie auf
ihn keine Wirkung aus.

Wir wissenbereits, daß Waldmüller
als Porträtmaler großen Anklang ge-
funden hat, allerdings, ohne es jemals
zum vielbegehrten und glänzend hono-
riertenModemaler der vornehmen Welt
zu bringen. Eine zeitgenössische Kritik
aus dem Jahre 1836 stellt fest, daß er
unter den Bildnismalern einen höchst
bedeutenden Rang einnehme durch die
Art und Weise, wie er diese Gattung
behandle; sein Verständnis für das
höchste Priuzip der Kunst, Lebenswahr-
heit und tiefe künstlerische Kraft, seine
Fähigkeit, den Charakter treu zu be-
wahren und dabei dessen Ausdruck zu
veredeln, wird besonders gerühmt.

Waldmüller porträtierte eine Reihe
von Mitgliedern des Hauses Habs-
burg-Lothringen, die Kaiser Franz
und Ferdinand, Erzherzog Rainer, den
Vizekönig vonOberitalien, dieKaiserin
Maria Ludovika u. a., bedeutende
Vertreter der Ton- und Dichtkunst
wie Beethoven, Grillparzer, Stifter
(Abb. 5), am häufigsten malte er Fa-
milienbilder, Angehörige des wohl-
habenden Bürgerstandes (Abb. 4, 7, 8,

10, 12, 13) und des begüterten Klein-
adels(Abb.6,1t),Standespersonenwie
den polnischen Grand-Seigneur Fürst
Rasumowskij (Abb. 9), daneben sich Abb.2s Text S.25)

selbst (Abb. 1) und die Seinigen
(z. B. Abb. 3 und 4).

Besonders gern malte Wald-
müller Kinder (Abb. 7). Dies ent-
sprach seinem im Grunde genom-
men naiven Wesen. Wir wer-
den dieserNeigung inseinen Genre-
bildern häufig begegnen, zu denen
zahlreiche seiner Porträts bereits
überleiten; denn bloß ein Teil der
Waldmüllerschen Bildnisse zeigen
die Persönlichkeit ohne jede land-
schaftliche Umrahmung oder genre-
hafteAusschmückung. Das schlicht-
elegante Herrenbildnis (Abb 11)
und das Kniestück: Schiffmeister
Feldmüller von Persenbeug, ein
Donaubeherrscher aus der guten
alten Zeit (Abb. 10 und 12) ge-
ben Proben davon. Vielfach
aber bringt Waldmüller seine
Köpfe oder Gestalten mit einem
genremäßigen Hintergrund oder
Stilleben in Verbindung. Das
beobachten wir bereits an dem
schon genannten Porträt des Für-
sten Rasumowskij: der Staatsmann sitzt an seinem
Arbeitstisch, ein Schreiben in der Hand, das

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