27
Abb. 3S (Text nnten) Christbcscherung Phot. BruSmann
Weißgekleidete Mädchen mit Blumenkränzen im
Haar, Körbchen in der Hand, daneben ein Junge,
der es kaum erwarten kann, mit seiner Fronleich-
namskerze davon zu eilen, Mütterchen mit dem
Kleinsten im Arm, ein Mädchen, das weint, weil
es nicht mit kann, Großmutter, die noch rasch eine
Belehrung anbringt usw., ganzseitab der alte Groß-
vater, der müd auf einer Bank sitzt und sinnend
dem Treiben zusieht, kurz eine Fülle von Ge-
stalten und Gesichtern, jede und jedes vom an-
dern verschieden! Sorgfältig erscheinen die Licht-
effekte verteilt. Außerordentlich fein bringt der
Künstler die Kontraste zwischen Jugend und
Alter, Licht und Schatten, blühender Natur und
leblosem Gemäuer zum Ausdruck.
Waldmüller macht mit seinem gläubigen Wald-
viertlervolk alle kirchlichen Festzeiten mit. So
schildert er im „Palmsonntag" (Abb. 32) eine
Szene aus dem häuslichen Leben zu Ostern, in
der „Christbescherung" (Abb. 39) eine solche aus
der köstlichen Weihnachtswoche. Diese Bilder sind
für jedermann ohne weiteres verständlich, ebenso
die wehmutvollen und doch wieder unendlich rüh-
renden und erhebenden Gemälde „Der Verseh-
gang" und „Die letzte Olung" (Abb. 46), Werke,
die eine rein technische Begabung nie geschaffen
haben würde, die nur ein überzeugter Katholik
hervorgebracht haben kann.
Dieselbe Gesinnung offenbart eins der herr-
lichsten Gemälde, die wir Waldmüller verdanken:
„Johannisandacht" (1844 entstanden, Abb. 33).
Der berühmte Schutzpatron Böhmens, der hl. Jo-
hannes von Nepomuk, dessen Fest auf den 16. Mai
fällt, ist in ganz Osterreich und darüber hinaus
als Brücken- und Säulenheiliger vor allem dem
Landvolk wohl vertraut. Hier bildet er den
Mittelpunkt eines andächtigen Kreises. Der Schul-
meister als Vorbeter muß natürlich von Kindern,
Waldmüllers Lieblingen, umringt sein. Dahinter
stehen die Alteren, singend, in fromme Emp-
findungen versunken. Nur die ganz Kleinen, die
den Sinn der Andacht noch nicht fassen können,
tändeln umher. Aus schattiger Abendkühle grüßt
der nahe Kirchturm herüber, während die Strah-
len der scheidenden Sonne die Vorderszene wirk-
sam beleuchten.
Die häusliche „Abendandacht" (Abb. 31) zu
Ehren der Muttergottes verdient mit dem eben
erwähnten Gemülde in einem Atem genannt zu
werden. Wieder sind alle Altersstufen vertreten.
Abb. 3S (Text nnten) Christbcscherung Phot. BruSmann
Weißgekleidete Mädchen mit Blumenkränzen im
Haar, Körbchen in der Hand, daneben ein Junge,
der es kaum erwarten kann, mit seiner Fronleich-
namskerze davon zu eilen, Mütterchen mit dem
Kleinsten im Arm, ein Mädchen, das weint, weil
es nicht mit kann, Großmutter, die noch rasch eine
Belehrung anbringt usw., ganzseitab der alte Groß-
vater, der müd auf einer Bank sitzt und sinnend
dem Treiben zusieht, kurz eine Fülle von Ge-
stalten und Gesichtern, jede und jedes vom an-
dern verschieden! Sorgfältig erscheinen die Licht-
effekte verteilt. Außerordentlich fein bringt der
Künstler die Kontraste zwischen Jugend und
Alter, Licht und Schatten, blühender Natur und
leblosem Gemäuer zum Ausdruck.
Waldmüller macht mit seinem gläubigen Wald-
viertlervolk alle kirchlichen Festzeiten mit. So
schildert er im „Palmsonntag" (Abb. 32) eine
Szene aus dem häuslichen Leben zu Ostern, in
der „Christbescherung" (Abb. 39) eine solche aus
der köstlichen Weihnachtswoche. Diese Bilder sind
für jedermann ohne weiteres verständlich, ebenso
die wehmutvollen und doch wieder unendlich rüh-
renden und erhebenden Gemälde „Der Verseh-
gang" und „Die letzte Olung" (Abb. 46), Werke,
die eine rein technische Begabung nie geschaffen
haben würde, die nur ein überzeugter Katholik
hervorgebracht haben kann.
Dieselbe Gesinnung offenbart eins der herr-
lichsten Gemälde, die wir Waldmüller verdanken:
„Johannisandacht" (1844 entstanden, Abb. 33).
Der berühmte Schutzpatron Böhmens, der hl. Jo-
hannes von Nepomuk, dessen Fest auf den 16. Mai
fällt, ist in ganz Osterreich und darüber hinaus
als Brücken- und Säulenheiliger vor allem dem
Landvolk wohl vertraut. Hier bildet er den
Mittelpunkt eines andächtigen Kreises. Der Schul-
meister als Vorbeter muß natürlich von Kindern,
Waldmüllers Lieblingen, umringt sein. Dahinter
stehen die Alteren, singend, in fromme Emp-
findungen versunken. Nur die ganz Kleinen, die
den Sinn der Andacht noch nicht fassen können,
tändeln umher. Aus schattiger Abendkühle grüßt
der nahe Kirchturm herüber, während die Strah-
len der scheidenden Sonne die Vorderszene wirk-
sam beleuchten.
Die häusliche „Abendandacht" (Abb. 31) zu
Ehren der Muttergottes verdient mit dem eben
erwähnten Gemülde in einem Atem genannt zu
werden. Wieder sind alle Altersstufen vertreten.