9
Abb. 15 (Text S. 12)
Blicl in dic Wcstluppel
Phot. Frz- Krost
Cuhpers'sche Ostturm da, so recht ein
uuvorteilhaftes Gegenstück zu dem West-
turme, den freie Genialität geschaffen hat.
Da die untersten Teile des Bauwerkes
mit Absicht ganz einfach gehalten sind —
in der künstlerischen Berechnung, daß seine
Wirkung auf der Macht und Schönheit der
über die angebauten niederen Häuser em-
porsteigenden Baumasse beruhen sollte —
so sind hier nur dieP ortale bemerkenswert.
Die östliche Seite zeigt rechts und links
neben der Apsis je eins; sie führen in die
Seitenschiffe. Prachtvoll sind die Säulen-
und Pseilerkapitäle: reichsteskorinthisches
Blattwerk, an einer Stelle zwei Löwen,
zwischen ihneu ein Widder, ein Motiv,
das sich ganz ähnlich, aber in freistehen-
den Figuren,am Dome zu Worms wieder-
holt. Jn dem schlichten Halbrund über
der Südosttür ist eine herrliche Gruppe
(Abb. 5) untergebracht worden, die nicht
ursprünglich hierher gehört: der Heiland
als Weltrichter zwischen Maria und Jo-
hannes, einst das Hauptstück des zerstörten
Lettners vor dem Westchore, eine Arbeit
des 13. Jahrhunderts. — Die Nordseite
besitzt einen vom Markte aus in den Dom
führenden Zugang. Wunderschönes Eben-
rundfenstern, die sich im Giebel zu einer
Gruppe von dreien zusammenfügen. Uber
der Mitte des Querschiffes aber, dort wo es
sich mit dem Langschiffe kreuzt, strebt iu drei
Absätzen mit Wucht und mit festlicher Pracht
der achteckigeVierungsturm empor (Abb. 1,3,
6u.7) — Neumanns Werk, das der Meister
gotisch zu gestalten meinte, und das trotz
seiner gotischen Formen doch so unverfalffh-
tes Barock geblieben ist. Die Fialen des
zweiten Geschosses sind ein häßlicher Zusatz
des 19. Jahrhunderts an Stelle der von
Neumann geschaffenen anmutigen Obelisken.
Der Reiter auf dem Dache des Chores ist
der hl. Martin, der den Bettler beschenkt;
denn jenem Heiligen ist der Westchor gewecht,
der östliche aber dem heiligen ersten Glaubens-
zeugen Stephanus. Die Stilform des WH-
chores ünd der Türme ist romanich). Ta
wo beim Hauptturme der barock-gotische ^eil
beginnt, erhob sich ehemals eine riestge
Turmpyramide, aus Holz gezimmert. —
Weit geringer ist der Reiz der Ostpartie
(Abb.2), aber doch wirkt sie durch die Ruhe
und den Ernst ihrer Linien und Flächen.
Charaktervoll tritt die mit drei Fenstern
zwischen Blendbögen belebte, mit einer zier-
lichen „Zwerggalerie" geschmückte Chorapsis
aus der ernsten Wandfläche hervor, die m
den beiden, im Unterteil uralten Rundtur-
men ihre Begrenzung findet. Kalt und hart,
als ein reines Verstandesprodukt, steht der
Abb. 16 (Text S
10) Jm südlichcn Settensch'N-
Phot. Frz. Krost
2
XLIX
Abb. 15 (Text S. 12)
Blicl in dic Wcstluppel
Phot. Frz- Krost
Cuhpers'sche Ostturm da, so recht ein
uuvorteilhaftes Gegenstück zu dem West-
turme, den freie Genialität geschaffen hat.
Da die untersten Teile des Bauwerkes
mit Absicht ganz einfach gehalten sind —
in der künstlerischen Berechnung, daß seine
Wirkung auf der Macht und Schönheit der
über die angebauten niederen Häuser em-
porsteigenden Baumasse beruhen sollte —
so sind hier nur dieP ortale bemerkenswert.
Die östliche Seite zeigt rechts und links
neben der Apsis je eins; sie führen in die
Seitenschiffe. Prachtvoll sind die Säulen-
und Pseilerkapitäle: reichsteskorinthisches
Blattwerk, an einer Stelle zwei Löwen,
zwischen ihneu ein Widder, ein Motiv,
das sich ganz ähnlich, aber in freistehen-
den Figuren,am Dome zu Worms wieder-
holt. Jn dem schlichten Halbrund über
der Südosttür ist eine herrliche Gruppe
(Abb. 5) untergebracht worden, die nicht
ursprünglich hierher gehört: der Heiland
als Weltrichter zwischen Maria und Jo-
hannes, einst das Hauptstück des zerstörten
Lettners vor dem Westchore, eine Arbeit
des 13. Jahrhunderts. — Die Nordseite
besitzt einen vom Markte aus in den Dom
führenden Zugang. Wunderschönes Eben-
rundfenstern, die sich im Giebel zu einer
Gruppe von dreien zusammenfügen. Uber
der Mitte des Querschiffes aber, dort wo es
sich mit dem Langschiffe kreuzt, strebt iu drei
Absätzen mit Wucht und mit festlicher Pracht
der achteckigeVierungsturm empor (Abb. 1,3,
6u.7) — Neumanns Werk, das der Meister
gotisch zu gestalten meinte, und das trotz
seiner gotischen Formen doch so unverfalffh-
tes Barock geblieben ist. Die Fialen des
zweiten Geschosses sind ein häßlicher Zusatz
des 19. Jahrhunderts an Stelle der von
Neumann geschaffenen anmutigen Obelisken.
Der Reiter auf dem Dache des Chores ist
der hl. Martin, der den Bettler beschenkt;
denn jenem Heiligen ist der Westchor gewecht,
der östliche aber dem heiligen ersten Glaubens-
zeugen Stephanus. Die Stilform des WH-
chores ünd der Türme ist romanich). Ta
wo beim Hauptturme der barock-gotische ^eil
beginnt, erhob sich ehemals eine riestge
Turmpyramide, aus Holz gezimmert. —
Weit geringer ist der Reiz der Ostpartie
(Abb.2), aber doch wirkt sie durch die Ruhe
und den Ernst ihrer Linien und Flächen.
Charaktervoll tritt die mit drei Fenstern
zwischen Blendbögen belebte, mit einer zier-
lichen „Zwerggalerie" geschmückte Chorapsis
aus der ernsten Wandfläche hervor, die m
den beiden, im Unterteil uralten Rundtur-
men ihre Begrenzung findet. Kalt und hart,
als ein reines Verstandesprodukt, steht der
Abb. 16 (Text S
10) Jm südlichcn Settensch'N-
Phot. Frz. Krost
2
XLIX