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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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Kreitmaier, Josef: Edward von Steinle
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6

Abb. 6 lText 32)

Schaukclcngcl 1LL8

Phot. F. Bruckmann A.-G.

daß sich neben dem Ernst der Lebensrichtung
ganz gut kindliche Heiterkeit und harmloser Hu-
mor heimisch fühlten. Diese tief religiöse Gesin-
nung war Erbgut der Mutter, die er leider schon
im Alter von 12 Jahren zu Grabe tragen mußte.

Recht eigentümlich berührt oft der- Brief-
wechsel zwischen Vater und Sohn, als dieser in
Rom weilte. Da schrieb der Vater z. B. (am
11. Nov. 1828): „ .... Zeichne nicht immer Hei-
lige und laß doch einmal die geistlichen Bücher
ruhen und spiele sleißig Klavier" oder (Ende
Febr. 1829): „ . . . sei nur fleißig; gehe lieber
weniger in die Kirche; denn
der Fleiß der Arbeit ist auch
Gebet"oder(15.März1829):

„Jch danke Dir für die römi-
schen Zeremoniennachrichten,
obschon mich das alles gar
nicht so interessiert. . Suche
auch einmalein paarFrauen-
portraits zu machen, beson-
ders so schöne Gesichter!" und
ferner (2. September 1829):

„ . . . Dann ersuche ich Dich,
uicht zu viel geistliche Bü-
cher zu lesen; Du verdirbst
Dir die Augen. Die Noten
nehmen die Augen bei wei-
tem nicht so sehr mit. Also
folge mir doch!" Die Ant-
wort, die der 19jährige Sohn
aus diesen letzteren Brief aus
Assist (8. Sept. 1829) schrieb,
könnte einem Heiligen Ehre
machen: „ . . . Aber, liebster
Vater, das habe ich nicht
erwartet! Du ersuchst mich,
nicht so viele geistliche Bü-

cher zu lesen. Glaube
mir nur, daß es keine
Schwärmerei oder
Schöngeisterei ist. Wir
sind alle, ja alle beru-
fen; undaußerdem daß
es uns anempfohlen ist
vou der Kirche, und es
so notweudig ist wie
die Nahrung des Lei-
bes, so ist es mir nicht
nur notwendig, son-
dern auch vou großem
Nutzen in derKunst...
TheuersterVater, suche,
suche! Der Herr sagt
ja: Wer suchet, der fin-
det. Aber das Rechte
suche! Heiße Thränen
möchte ich weinen und
jammern vor Gott, der
uns doch so in derLiebe
vereinigte, daß wir in
dem, was uns doch
allen das eine Nothwendige ist, nicht geeiuigt
sind . . . es heißt: Prüfet alles und das Beste
behaltet. Und darum fange an zu prüfen, und
Du wirst sehen, was das Beste ist. Widerstehe
den Bitten Deines Dich wahrhaft liebenden
Sohnes nimmer. Mein lieber, lieber Vater!"
Ein halbes Jahr später war der Vater tot.

Overbeck wußte sehr gut, welch geniale Künst-
lernatur in Steinle steckte, wenn er auch deren
tiefste Seite nicht empfand, ja nicht einmal
empfinden konnte. Darum war auch Steinle der
Auserwählte, der Overbeck nach Assisi begleiten

Christns am Slberg 1853 Autot. Kösel
 
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