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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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Kreitmaier, Josef: Edward von Steinle
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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0084
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Abb. KL (Text S. 2S> Autot. Köscl

Karoline Stcinlc 1854

Ruhe, bis ec aus der Seele losgerungen war.
Deu Dichter selbst hatte cr bereits 1875 gemalt,
wie er sinnend vor seinem Pulte steht und
seine Dichtung niederschreibt (Abb. 56).

Diese Figur Wolframs von Eschenbach bildet
den dritten im Bunde mit dem Türmer (Abb. 51)
und Violinspieler (Abb. 52), die er schon früher
für den Grafen Schack auszuführen hatte. Alle
drei sind romantische Träumer. Es ist lehr-
reich, die erste Darstellung des Türmers niit
der füc den Grafen Schack gemalten zu verglei-
chen. Dort ist es der scharfe Ausluger, seine
Seele wandert nach außen, hier eine rein
innerlich gerichtete Persönlichkeit. — An das
Bild zur Chronika des fahrenden Schülers
im Guaitaschen Hause lehnt sich die Titel-
zeichnung an, die Steinle für die Kreitensche
Gedichtesammlung „Den Weg entlang" fer-
tigte: ein fahrender Schüler, der vor dem Mutter-
gottesbild kniet und der heiligen Jungfrau
ein Ständchen bringt (Abb. 47). Das freund-
liche Bildcheu „Muttcrglück" (Abb. 32) malte
Steinle für seinen Freund, den Kaufmann Ar-
nold Otto Mcyer in Hamburg. Aus der Folge
von Kreidezeichnungen „Die vier Jahreszeiten"
bringt unsere Abb. 53 die Darstellung des
Winters. Der Künstler (Selbstbildnis) sitzt sin-
nend an dem warmen Ofen, sein Haupt auf den

Arm gestützt und schaut dem Euglein zu, das
sein eben begonnenes Bild weiterführt. So findet
Steinle überall eine reizende poetische Pointe.
Ein iveiteres Beispiel dafür, wie Steinle selbst
Bildnisse poetisch zu verklären weiß, zeigt die
Sepiazeichnung von 1878: Cornelius, Overbeck
und Veit betrachten die Flucht nach Aghpten
(Abb. 55). Das Bildchen bietet in Haltung
und Gesichtsausdruck die treffendste Charakteristik
dcr drei Künstler: Cornelius ist der fast sprung-
bereite Choleriker, Veit der sreundliche San-
guiniker, Overbeck der tief in das Geheimnis
versunkene Melancholiker. Ein Jahr vor seinem
Tode malte Steinle das Aguarellbild „Dante der
Beatrice und ihrer Familie vorlesend" (Abb.54).
So sanft priesterlich können wir uns freilich den

Abb. S4 <Tc;t S. 26) Phot. F. Bructmann A.-Gj

Karoline Stcinle 1842
 
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