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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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Kreitmaier, Josef: Edward von Steinle
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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0085
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Abb. 65 (Text S. 27) Phot. F. BruSmann A.-G.

Maximiliane Gräfin Oriola 1850

gewaltigen Dichter der göttlichen Komödie nicht
vorstellen, wie ihn Steinle hier wiedergibt, und
die italienische Landschaft ist doch etwas zu deutsch
geraten, obwohl der Künstler Jtalien ja sehr gut
kannte und aus seinen Reisen manche Landschafts-
skizzen, wie etwa die italienische Feste (Abb. 49)
mitgebracht hatte. Die Gruppe der Zuhörer ist
dagegen recht gut und erinnert an die besten
Jahre des Meisters. Neu sind diese Typen aller-
dings nicht: Beatricens liebliches Antlitz ist uns
aus manchen Madonnenbildern, der Vater aus
den Shakespeare-Darstellungen bekannt. Über-
haupt ließ die typenschaffende Kraft, die wir in
der Blütezeit des Meisters so sehr bewundern
mußten, in den letzten Lebensjahren merklich nach.
Nicht als ob der Künstler nun seelen- und cha-

rakterlose Menschen gebildet hätte, er griff nur zu
oft in seine früher erworbenen Schätze zurück. Es
ist ja erstaunlich genug, daß er uns so lange aus
dem reich fließenden Quell seiner inneren Vor-
stellungswelt erfrischen konnte. Ohne Modell-
studium muß auch die gewaltigste Schöpferkraft
allmählich von der Höhe herabgleiten. Was ist
auch diese Schöpferkraft gegenüber der unendlichen
Mannigfaltigkeit, in der sich die Jdeen Gottes in
der Natur tagtäglich verkörpern? Gott schafft
nicht zweimal das gleiche; ein irdischer Künstler
dagegen kommt ohne Zuhilsenahme der lebendigen
Natur notwendig zu Wiederholungen.

Gar oft erfreute Steinle seine Bekannten mit
kleinen Gaben köstlichen Humors. Hier sei nur
das kleine Bildchen „Hexenschuß" (Abb. 58)
 
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