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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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Huppertz, Andr.: Der Kölner Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0093
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Abb, 14 <Tcrt S, 221

Die nördlichen Portale

Phot, Kgl, Mcßbildanstalt, Bcrlin

freiung zusammenscharten, viele zunächst ihre
Schritte zu den Gebeinen der heiligen Drei Könige
lenkten, um für die Reise ihren Schutz zu er-
flehen, Und niemand kam mit leeren Händen.
Arm und reich, geistliche und weltliche Herrschcr
erschienen, knieten und beteten hier. Der Kölner
Dom war eine der angesehensten Wallfahrts-
stätten der Christenheit geworden.

Halten wir nun in Anbetracht dieser Bedeutung
des Domes Umschau in dem Kranze der gleich-
zeitigen Kölner Kirchen, von denen heute noch
eine Anzahl als Perlen romanischer Baukunst
die Stadt Köln schmücken, so St. Maria im
Kapitol,St.Gereon,St.Aposteln,GroßSt.Martin,
St. Andreas, so mögen wir leicht erkennen, daß
unter ihnen der damalige Dom den Zeitgenossen
im Hinblicke auf seine Bedeutung und die von
ihm geborgenen Schätze zu unansehnlich erschienen
sei, und daß schließlich Erzbischof Engelbert der
Heilige den Plan faßte, an die Stelle des mehr-
mals zerstörten und wiederhergestelltenDomes ein
neues Gotteshaus zu sehen, das alle anderen über-
ragen und seincr Bedeutung würdiger sein sollte.
Von diesem Plane berichtet uns sein Biograph,
der Mönch Caesarius von Heisterbach. Doch es
kamnoch nicht zurAusführung. EinMeuchelmörder
raubte Engelbert im Jahre 1225 das Leben.
Aber der einmal aufgetauchte Plan ließ das Dom-
kapitel, die Patriziergeschlechter und die Bürger-

schaft der Stadt nicht zur Ruhe kommen. Der
Ausführung kam ein Brand, der am 30. April
1248 den Dom wieder arg verheerte, zu Hilfe.

Nun sollte man wohl annehmen, daß man in
Köln, wo die romanische Baukunst die herrlichsten
Blüten getrieben, den Versuch unternommen habe,
der glänzenden architektonischen Entwicklung mit
dem Bau des Domes die Krone aufzusetzen und
in der neuen Metropolitankirche alles an Größe
und Erhabenheit, Schönheit und Pracht zu verei-
nigen, was man an so vielen anderen Werken
jenes Baustiles im Laufe der Jahrhunderte kennen
gelernt. Hatte doch erst ein Jahr vorher die
noch im romanischen StileerbauteKircheSt. Kuni-
bert die Weihe erhalten. Jedoch seit fast einem
Jahrhunderthatte sich in Frankreich ein neuer Stil
aus neuen technischen Erfahrungen entivickelt und
schon herrliche Gotteshäuser erstehen lassen, die
Kathedralen in Paris, Chartres, Reims und
Amiens und manche andere größere und kleinere
Perlen der Baukunst. Es war der sogcnannte
gotische Stil.

Diese neue Bauweise stellte gegenüber dem
romanischen Stile einen großen bautechnischen
Fortschritt dar, der sich zunächst und wesentlich
auf eine neue Gewölbeform gründete. Das Stein-
gewölbe, welches im romanischen Stile an Stelle
der besonders durch Feuersbrünste leicht zerstör-
baren Holzdecke oder des offenen Balkendachstuhls
 
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