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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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Huppertz, Andr.: Der Kölner Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0100
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Abb. 27 lText S. 28>

Phot. Kgl. Mchbtldanstalh Bcrlin

Blick zum Chore (mit dem Barockaltare)

giösen Neuerungen und endlich die Wandlung
des Kunstgeschmackes um die Wende des 15. Jahr-
hunderts, welche die Vollendung des Domes in
den Bauformen des Mittelalters vollends un-
möglich machte. Dazu bedurfte es einer Zeit, die,
eines eigenen Stiles ba-r, für die Kunst des Mittel-
alters sich wieder derart erwärmen konnte, daß
sie keine Mittel und keine Arbeit scheute, um
das in den Bruchstücken des Dombaus ihr über-
kommene Erbe einer großen Kunstperiode der
endlichen Vollendung entgegenzuführen. Das war
die Zeit der deutschen Romantik im 19. Jahr-
hundert. —

Doch nicht nur, daß die Bauarbeiten am Dome
allmählich zu vollständigem Stillstande gelang-
ten, das Begonnene allmählich zerfiel und man
das Werk der Vorzeit einfach verleugnete; dieses
mußte sich schließlich auch sozusagen die tiefste
Demütigung und Erniedrigung gefallen lassen.
Jn der Zeit nach der französischen Revolution,
als Köln in französische Gewalt geriet, dienten
die weiten Hallen des Domes als Heulager
und danach als Militärgefängnis. Schließlich

wurden fie zur Ruine. „Ungestört kamen die
Elemente, Wind, Regen, Frost, um in laugsamer,
aber sicherer Arbeit das Werk der Zerstörung zu
vollenden. Bald war der größte Teil der Balken
im Dachstuhl verfault. Die Strebebogen waren
durch den zerstörenden Einfluß des Wassers dem
Einsturze nahe, und ihrem Falle mußte unmittel-
bar das Zusammenbrechen der Gewölbe folgen,
die sie stützten. An jedem regnerischen Tage träu-
felte das Wasser, das feinen geregelten Abfluß
nicht mehr faud, durch die Gewölbe ins Jnnere.
So weit war es gekommen mit der Herclichkeit
des Mittelalters." (St. Beissel.) „Jnnerhalb der
Anfänge des Nordturmes wie zwischen dcn Strcbe-
pfeilern der Südseite hatten fich Wohnungen an-
gesiedelt, und auf dem der Verwitterung ver-
sallenen Gestein des Südturmes wuchseu wildc
Nosen. Die Umgebung des Domes bot ein ab-
schreckendes Bild. Zahlreiche armselige Gebäude,
sogenannte Gademen, bedeckten die Zugänge. Der
Domhof selbst war uneben, hier ein Loch, dort
ein Schutthaufen, dabei kotig von dem sich häu-
fenden Unrat der wiederkehrenden Viehmärkte;
 
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