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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0140
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Abb. 16 (Text S. 28)

Phot. F. Bruckmann

Dantes Tod

Schule vertauschen. Unter Rahls Einsluß hatte
er viel an Jtalien gedacht. Aber nun wollte er
Jtalien lieber als die Krone seiner Künstlerschaft
betrachten: er wollte nicht zu früh nach Jtalien
kommen.

Mitte Mai 1850 reiste er — nicht so recht
mit der Einwilligung der Eltern — nach Ant-
werpen, zusammen mit seinem Vetter K. Roux,
der mit ihm schon in Düsseldorf und
auch in München war. Jn Antwer-
pen waren durch Zufall alle seine
FreundeamBahnhof. Siebegrüßten
ihn mit Jubel. Daraus wie aus
andern Briefstellen ist zu ersehen,
daß Feuerbach nicht „zuerst von den
deutschen Malern den Weg nach
Antwerpen fand", wie gelegentlich
geschrieben worden ist. Die Antwer-
pener Kunstakademie stand zu jener
Zeit unter der Leitung von Wappers,
dem Begründer der modernen bel-
gischen Malerei. Außer ihm sind zu
nennen: deKeyser,Gallait,deBi6fve.

Belgische Bilder durchzogen in jener
Zeit deutsche Städte als das große
Neue. Der Belgier Kunstweise grün-
dete sich auf die neu belebte große
Tradition des Landes: Rubens.

Sie suchten darüber hinaus auch
Fühlung mit den neuen Pariser Be-
strebungen. Gute Farbe und vom
Sast der Wirklichkeit durchtränkte
Formgebung: das war das Blut,

das damals, dank „dem Geschlechte derer von1830",
von Paris aus die Malerei durchströmte, nachdem
ihr Pulsschlag in der Linie und im Stil des
Klassizismus matt geworden — wenn es erlaubt
sein kann, mit so knapper Formel das starke Wo-
gen der künstlerischen Bewegung zu umschreiben.

Feuerbach trat zu den belgischen Meistern in
kein persönliches Verhältnis. Mit dem ihm eigenen
Eifer aber lernte er an ihrer Schule. „Jch fühle

den Pinsel ordentlich in meinen Fäusten."

Und er glaubt und versichert: „Kein Ort wie
Antwerpen ist mehr geeignet so recht begreifen
zu lernen, wieviel Handwerker der Künstler sein
muß". Es spricht daraus die Befriedigung über
die solide Unterweisung an der Akademie. Aber
bedeutsamer ist es, daß der werdende Künstler
das handwerkliche Können als die Grundlage
des künstlerischen Schaffens mit klarer Bestimmt-
heit anerkennt. So dachte z. B. auch der
große Leibl. So weit es möglich ist, muß
auch der ernste Kunstfreund sich dafür ein Ver-
ständnis zu erwerben suchen. Denn die Werke,
die er betrachtend genießt, sind ja durch Arbeit
und aus Material entstanden. Und ihre Wirkung
ist nicht davon unabhängig. Erst durch dieses
Verständuis gewinnen Kunsturteil und Kunst-
genuß ihre bodenständige Sicherheit und Fülle.
Ein anderes lobt Feuerbach noch an der Ant-
werpener Schule, mit einem tadelnden Seitenblick
auf die Münchener-Schule, wie er sie kennen ge-
lernt hat: das praktische Naturstreben gegenüber
denMünchenern„aus-dem-Kopf-malen-Perioden".
Hierin mag auch eine leise Korrektur an seiner
damaligen Begeisterung für Rahl und seine
Unterweisung eingeschlossen sein: gerade die
Naturnähe und das durch sie gegebene individuelle
Leben sehlte Rahls virtuoser Kunst, bei der das
Können uicht von Anschauung und Empftndung

Abb. 17 (Text S. 28)

Phot. F. Bruckmann

Theaterszene aus „Hamlet"
 
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