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Abb. 19 (Tcxt S. 31> Phot. F. Bruckmmm
JuliuL Allgeycr
durch unsere Verhältnisse". Und er hat einen
„einfachen" Plan: nach Paris zu gehen, da er
in Antwerpen bereits profitiert hatte, was er
konnte. Jn Paris will er weiter lernen.
Anfangs war er ohne Lehrer: „Meine Bilder
find freilich nur erst schwache Versuche, ich muß
eben alle Erfahrungen erst an mir selber machen,
während andere die Hand geführt bekommen
durch eines Meisters Hand." Jn einem
gut gewählten Bild weiß er über die damit ver-
bundenen Schwierigkeiten den einen Vorteil,
auf den er so sehr bedacht ist, zu stellen: „wenn
ich meinen Zweck erreiche, dann bin ich originell
und ursprünglich wie ein frischer Wald". Auch
die ermüdende Arbeit des Kopierens, während
der er die eigene Komposition geistig ausarbeitet,
übte er mit Fleiß. Sich selbst wollte er einen
Fonds gut ausgeführter Kopien fürs ganze Leben
malen, für die Mutter eine Anbetung der Hirten
des Spaniers Ribera kopieren. Er freut sich der
von Tag zu Tag wachsenden Sicherheit im
Pinsel: „in der Technik bin ich durch vieles
Malen und Sehen einen großen Schritt voraus."
Die Spanier erschienen ihm — wie z. B. später
auch dem (Franzosen) Manet — als die größten
von allen. Nur nennt er in den Briefen neben
Ribera Murillo, der ihn schon in der Münchener
Pinakothek interessierte. Der unvergleichlich stärkere
Velasquez tritt erst im „Vermächtnis" an dessen
Stelle. Jn der Mediceischen Galerie. studierte er
Rembrandt weiter und kam unter den Einfluß
des auf ihn stärker wirkenden Paolo Veronese.
Von Paris schreibt er der Mutter: „Paris ist
großartig, es hebt und belebt, spornt den Ehr-
geiz und macht geistig runder und vollendeter.
Jch bin zu weich, um philosophisch zu sein,"
fährt er dann fort, „aber trotzdem wird die
ganze Lebensanschauung klarer." Diese Worte
behalten ihr Gewicht, wenn auch eine gar nicht
viel spätere Briefstelle sagt, er sehe Paris nicht
mehr im Glanze von früher. Er ist an der Sonne
der Seinestadt reifer geworden: als Mensch und
mehr noch als Künstler. Es liegt im Wesen der
Briefe, daß nicht jeder und nicht jede Stelle
Ewigkeitswert hat. Das gilt in erhöhtem Maße
von Feuerbachs Briefen. Er selbft sagt der
Mutter dann, wenn der Sturm stch gelegt hat,
sie muß seine Briefe aus der jeweiligen Stimmung
heraus verstehen. Aber davon sind solche Stellen
ausgenommen, in denen er hellseherisch seine
Zukunft voraussieht, oder solche, in denen er
nicht das einzelne Werk, an dem er jeweils
gerade arbeitet, beurteilt, sondern seine Kunst-
weise charakterisiert. So schreibt er der Mutter
schon in der Pariser Zeit: „.ich will eine
ganz ernste, tiese Richtung verfolgen. Und meine
Malerei soll ganz einfach und dramatisch wirken."
Er rät auch der Mutter, die alten — gemeint
sind die in Antwerpen gemalten — Bilder nicht
zu oft anzusehen. An seinen jetzigen Arbeiten
müsse sie sich alles klarer und einfacher denken.
Wie viel aber zu dieser ernsten, tiefen, klaren
einfachen Richtung notwendig ist, scheint uns
die äußerlich unscheinbare Stelle zu sagen: „nur
das ist ein wahres Kunstwerk, in dem stch die
ganze Liebe des Malers ausspricht". Etwas von
Abb. 20 (Text S. 34) Phot. Frz. Hansstaengl
Nanna
Abb. 19 (Tcxt S. 31> Phot. F. Bruckmmm
JuliuL Allgeycr
durch unsere Verhältnisse". Und er hat einen
„einfachen" Plan: nach Paris zu gehen, da er
in Antwerpen bereits profitiert hatte, was er
konnte. Jn Paris will er weiter lernen.
Anfangs war er ohne Lehrer: „Meine Bilder
find freilich nur erst schwache Versuche, ich muß
eben alle Erfahrungen erst an mir selber machen,
während andere die Hand geführt bekommen
durch eines Meisters Hand." Jn einem
gut gewählten Bild weiß er über die damit ver-
bundenen Schwierigkeiten den einen Vorteil,
auf den er so sehr bedacht ist, zu stellen: „wenn
ich meinen Zweck erreiche, dann bin ich originell
und ursprünglich wie ein frischer Wald". Auch
die ermüdende Arbeit des Kopierens, während
der er die eigene Komposition geistig ausarbeitet,
übte er mit Fleiß. Sich selbst wollte er einen
Fonds gut ausgeführter Kopien fürs ganze Leben
malen, für die Mutter eine Anbetung der Hirten
des Spaniers Ribera kopieren. Er freut sich der
von Tag zu Tag wachsenden Sicherheit im
Pinsel: „in der Technik bin ich durch vieles
Malen und Sehen einen großen Schritt voraus."
Die Spanier erschienen ihm — wie z. B. später
auch dem (Franzosen) Manet — als die größten
von allen. Nur nennt er in den Briefen neben
Ribera Murillo, der ihn schon in der Münchener
Pinakothek interessierte. Der unvergleichlich stärkere
Velasquez tritt erst im „Vermächtnis" an dessen
Stelle. Jn der Mediceischen Galerie. studierte er
Rembrandt weiter und kam unter den Einfluß
des auf ihn stärker wirkenden Paolo Veronese.
Von Paris schreibt er der Mutter: „Paris ist
großartig, es hebt und belebt, spornt den Ehr-
geiz und macht geistig runder und vollendeter.
Jch bin zu weich, um philosophisch zu sein,"
fährt er dann fort, „aber trotzdem wird die
ganze Lebensanschauung klarer." Diese Worte
behalten ihr Gewicht, wenn auch eine gar nicht
viel spätere Briefstelle sagt, er sehe Paris nicht
mehr im Glanze von früher. Er ist an der Sonne
der Seinestadt reifer geworden: als Mensch und
mehr noch als Künstler. Es liegt im Wesen der
Briefe, daß nicht jeder und nicht jede Stelle
Ewigkeitswert hat. Das gilt in erhöhtem Maße
von Feuerbachs Briefen. Er selbft sagt der
Mutter dann, wenn der Sturm stch gelegt hat,
sie muß seine Briefe aus der jeweiligen Stimmung
heraus verstehen. Aber davon sind solche Stellen
ausgenommen, in denen er hellseherisch seine
Zukunft voraussieht, oder solche, in denen er
nicht das einzelne Werk, an dem er jeweils
gerade arbeitet, beurteilt, sondern seine Kunst-
weise charakterisiert. So schreibt er der Mutter
schon in der Pariser Zeit: „.ich will eine
ganz ernste, tiese Richtung verfolgen. Und meine
Malerei soll ganz einfach und dramatisch wirken."
Er rät auch der Mutter, die alten — gemeint
sind die in Antwerpen gemalten — Bilder nicht
zu oft anzusehen. An seinen jetzigen Arbeiten
müsse sie sich alles klarer und einfacher denken.
Wie viel aber zu dieser ernsten, tiefen, klaren
einfachen Richtung notwendig ist, scheint uns
die äußerlich unscheinbare Stelle zu sagen: „nur
das ist ein wahres Kunstwerk, in dem stch die
ganze Liebe des Malers ausspricht". Etwas von
Abb. 20 (Text S. 34) Phot. Frz. Hansstaengl
Nanna