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Die Kunst dem Volke <München> — 1917 (Nr. 29-31)

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https://doi.org/10.11588/diglit.21069#0143
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solcher Qualität liegt in dem ganz eigenartigen
kleinenBilde „Jtalienisches Begräbnis" (Abb. 11),
dem ersten selbständigen Pariser Werk. Es ist
für das Auge wie für das Gefühl von hoher
Geschlossenheit. Nicht erzählt wird von einem
Begräbnis, sondern der Beschauer nimmt daran
sofort innerlich teil: von dem Rhythmus des
Bildes umschlungen. Nur tut er es nicht mit
dem harten Schmerz der Wirklichkeit im Herzen,
sondern in stiller Teilnahme. Das ist die Wirkung
der starken Kunst.

Aus dem „Vermächtnis" ist bekannt, daß
Feuerbachs Vater zu der Zeit starb (9. Sep-
tember 1851), wo der Sohn „vorbereitet, doch
eine so nahe Entscheidung nicht ahnend", das
Bildchen malte. Jm Grab des Vaters, sagt
Feuerbach, liegt auch seine Jugend eingesargt-
„Das grenzenlose Vermissen" und ein „schönes
Bild von Vaters ganzem Leben" sind dem Sohne
geblieben. Und dem letzten Wunsch des Vaters
getreu, will der Sohn im Geiste des Toten am
Schönen sesthalten.

Von dem Gemälde, das schlechthin als das
Pariser Bild Feuerbachs bezeichnet wird, kann
hier leider, wiewohl es als der große Auftakt
in des Künstlers Werk erscheint, keine Abbildung
gebracht werden. Zum Gegenstand hatte der
Künstler eine Szene, besser, einen schöpferischen
Moment aus dem Leben des persischen Lhrikers
Hafis, der damals gerne gelesen wurde, sogar
Goethes Liebling war, gewählt. Er schreibt, vor

Abb. 22 (Tcxt S. 34)

Nanna

Phot. F. Brulkmcinn

Abb. 2t (Text S. 34)

Lutrezia Borgia

einer Schenke sitzend, eines seiner Ghaselen an die
Wand, umgeben von jungen Menschenkindern,
die „im Anschauen und Anhören versunken" sind.
Wiederum ist die Stimmung reich an innerem
Leben: diesmal voll von Sonne und
Heiterkeit, wennschon der Künstler nach
seinem eigenen Geständnis, das für seine
Arbeitsweise typisch ist, sich mit dem
Bilde viel Kummer und schwere Stun-
den machte, bis er es zur endgültigen
Klarheit durchgearbeitet hatte. Die
Malerei, besonders die des Blumen-
arrangements, läßt deutlich den fördern-
den Einfluß der Pariser Kunst erkennen.
Der Künstler selbst berichtet der Mutter:
„Mir ist alles erst klar geworden, seit
ich die Franzosen habe verstehen lernen.
Ein älterer Münchener", — Feuerbach
liebt es leider nicht, Namen zu nennen
— „der mich besuchte, sagte mir, Sie
malen ja ganz französisch, ich war so sroh
und doch bin ich noch so weit davon."
Er will die französische Kunst aus
dem Fundament kennen lernen. Solche
Gründlichkeit ist seine Art, wie sie auch
die seines Vaters war. Aber dann will
er ganz in sich zurückkehren, denn „das
ist und bleibt mehr als je meine Ansicht",
so lautet das bedeutsame künstlerische
Glaubensbekenntnis, „daß jeder in sich
einen Fonds hat, der größer ist als
alles Angelernte." Kritiker des Künst-
lers haben dessen allzu starke Beein-
flussung durch Lehrer oder Vorbild, ja
durch das Modell, als Mangel hervor-
Phot. F. Bruckmann gehoben. Wir glauben solche Worte

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