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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Schmidt, Peter Franz: Ebertbildnisse und das Ähnlichkeitsproblem
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0008

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Stahlstich

Ebertbildnisse und das Ähnlichkeitsprobicm
von
Dr. P. F. SCHMIDT
Betrachten wir die Porträts des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert,
die hier abgebildet sind, angefangen von der Photographie bis zu dem Kopf
von Belling, deren Reihe noch beliebig erweitert werden könnte: so fällt
auf den ersten Blick ihre Verschiedenheit auf. Bestimmt ist ja das Modell
stets das gleiche gewesen, und sicher hat sich jeder Künstler bemüht, mit
seinem Werk auch das Modell zu treffen. Dennoch sehen sie einander nicht
gleich: es muß also ein Mittelglied zwischen dem Vorbild und dem Kunstwerk
vorhanden sein, dessen individuelle Verschiedenheit jene Unähnlichkeiten
bedingt. Dies ist die Art des schöpferischen Künstlers, die Welt zu erkennen
und wiederzugeben: seine Wahrheit und seine Methode, durch den täuschenden
Schein hindurchzudringen zum Wesentlichen der Dinge.
Wodurch entsteht der ewig wiederholte Streit über „Ähnlichkeit“? Nicht
anders, als daß jedermann glaubt, Porträt sei eine Sache der Identität, und
was er mit seiner persönlichen Betrachtungsart an dem Dargestellten, mehr
oder weniger scharfsichtig oder auch aufs Geratewohl, als das „Wesentliche“
herausgefunden habe, sei unumstößlich der Betreffende selber, sozusagen als
„Ding an sich“. Und weil jeder einzelne einen anders konstruierten Seh-
apparat mit gänzlich verschieden funktionierenden Nerven und Gehirn-
windungen besitzt, darum ist schon unter den nächsten Angehörigen des
Abkonterfeiten durchaus keine Einhelligkeit darüber zu erzielen, warum und
in welchen Punkten das Porträt nichts tauge.

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