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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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"Unter Blumen" von Max Pechstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0026

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Zu nebenstehendem Bild:

,,Unter Blumen“
von
MAX PECHSTEIN
Heute noch werden die Gemälde und Bildwerke unserer
führenden Künstler selten so betrachtet, wie sie es natürlicherweise
verlangen. Gestern galten diese Bilder als Revolte gegen eine alt-
hergebrachte Art, die obendrein noch in der Mehrzahl durch
Haltung und Gebärde gewissermaßen interessant gemacht wurde.
Es fiel diesen Künstlern schwer, einen oder mehrere Menschen so
darzustellen, daß sie ganz unbefangen im Bild zum Ausdruck
kamen. Eine solche Unbefangenheit liegt aber dem Gemälde von
Max Pechstein zugrunde; man muß sich nur darum bemühen, sie
auch so zu sehen, wie sie vom Künstler gewollt und geschaffen ist.
Da sind zwei Frauen und ein Kind, zwanglos um einen Tisch
gruppiert und in einen Raum gesetzt, der nicht als Raum im
üblichen Sinne, sondern nur als ein solcher aufgefaßt werden will,
der notwendig ist, um den Aufbau eines Bildes, eines Gemäldes zu
gewährleisten. Ein Gemälde wird, wie bekannt, nach anderen
Gesetzen komponiert, als wir sonst das Leben um uns zusammen-
gesetzt sehen. Hier ist es eine verwirrende und ewig wechselnde
Vielfalt, im Gemälde dagegen ist es das Bestreben des Künstlers,
sein Motiv in einer solchen Form darzustellen, daß diese im Zu-
sammenhang des Ganzen ein Vollendetes und Unverrückbares
bildet. Ein Gebilde, das schon auseinanderfällt, wenn man nur
etwas die einzelnen Teile willkürlich verändern wollte. Den Aufbau
eines Bildes demnach so als notwendig sehen zu können, wird ein
erstes Erfordernis für den ernsthaften Betrachter. Erst wenn er
hierzu fähig geworden ist, wird er auch in der Lage sein, den be-
sonderen Wert eines Bildes zu erkennen. Er wird dann in dem
Gemälde von Max Pechstein eine ruhige Ausbildung der einzelnen
Teile, eine besinnliche Wahl der Farben und eine ganz unbefangene,
fast allzu bescheidene Innerlichkeit entdecken, die aber gerade
darin ihren Wert hat und dem Gemälde jenes Merkmal einprägt,
daß in ihm drei Menschen dargestellt sind, die durch das
Schöpfungsvermögen eines Künstlers ohne falschen Klang ge-
ruhigen Kunst- und somit auch einen besonderen Lebenswert
erhalten haben.

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