Berufstypen
von
WILLI WOLFRADT
Unser Interesse am Mit-
menschen gilt wohl immer
weniger der privaten Er-
scheinung in ihren einmaligen
Eigentümlichkeiten, — es wid-
met sich heute vorwiegend den
typischen Zügen, aus denen
in charakteristischer Weise die
Zugehörigkeit zu irgendeiner
Gruppe erkennbar wird. Der
Einzelne muß schon eine ziem-
lich wichtige Rolle in unserem
Dasein spielen, um seiner per-
sönlichen Existenz nach beson-
dere Beachtung zu finden. Höch-
stens noch die ganz merkwür-
digen und auffälligen Leute
können damit rechnen, als In-
dividuen bemerkenswert zu er-
scheinen. Sonst neigt unser
Sehen und Verstehen durchaus
dazu, Jeden als Vertreter einer
Klasse, einer Schicht, einer
Generation, irgendeiner be-
stimmten Menschensorte zu be-
trachten. Das Gesicht, das uns
über den Weg kommt, wird nach
sozialer Zuständigkeit, geistiger
Heimat, nach Herkunft und Be-
ruf befragt. Die moderne An-
schauung kümmert sich ver-
hältnismäßig wenig um den
Menschen als ein spezielles see-
lisches Mischprodukt der ver-
schiedenen Vorbedingungen und
Eigenschaften, — sie geht mehr
noch, als man sich dessen ge-
meinhin bewußt ist, auf das
Typische und die kollektiven
Merkmale aus.
Diese Betrachtungsweise fin-
det naturgemäß auch in der
Kunst der Zeit auf manche Art
ihren Niederschlag, und offen-
bar hat man nicht zum minde-
Fritz Koelle Bergarbeiter (Bronze) 1927
Im Besitz der Nationalgalerie Berlin
174
von
WILLI WOLFRADT
Unser Interesse am Mit-
menschen gilt wohl immer
weniger der privaten Er-
scheinung in ihren einmaligen
Eigentümlichkeiten, — es wid-
met sich heute vorwiegend den
typischen Zügen, aus denen
in charakteristischer Weise die
Zugehörigkeit zu irgendeiner
Gruppe erkennbar wird. Der
Einzelne muß schon eine ziem-
lich wichtige Rolle in unserem
Dasein spielen, um seiner per-
sönlichen Existenz nach beson-
dere Beachtung zu finden. Höch-
stens noch die ganz merkwür-
digen und auffälligen Leute
können damit rechnen, als In-
dividuen bemerkenswert zu er-
scheinen. Sonst neigt unser
Sehen und Verstehen durchaus
dazu, Jeden als Vertreter einer
Klasse, einer Schicht, einer
Generation, irgendeiner be-
stimmten Menschensorte zu be-
trachten. Das Gesicht, das uns
über den Weg kommt, wird nach
sozialer Zuständigkeit, geistiger
Heimat, nach Herkunft und Be-
ruf befragt. Die moderne An-
schauung kümmert sich ver-
hältnismäßig wenig um den
Menschen als ein spezielles see-
lisches Mischprodukt der ver-
schiedenen Vorbedingungen und
Eigenschaften, — sie geht mehr
noch, als man sich dessen ge-
meinhin bewußt ist, auf das
Typische und die kollektiven
Merkmale aus.
Diese Betrachtungsweise fin-
det naturgemäß auch in der
Kunst der Zeit auf manche Art
ihren Niederschlag, und offen-
bar hat man nicht zum minde-
Fritz Koelle Bergarbeiter (Bronze) 1927
Im Besitz der Nationalgalerie Berlin
174